Bolivien - Jucker - Kakteen      

 
 











Feldarbeit
Etappe 2
La Paz - Süd Jungas
November, Dezember 2009

Auf dieser Reise versuchte ich von La Paz über die Süd Jungas und weiter ins Ayopaya-Gebiet vorzudringen. Als ich im Jahre 2002 das Ayopaya-Gebiet erfolgreich nach Sulcorebutien abgesucht habe, möchte ich dieses Mal das Gebiet der Provinz Süd Jungas und Inquisivi, nördlich der Provinz Ayopaya nach Sulcorebutien-Vorkommen untersuchen.

verschiedene Lagunen im hochandinen Bereich





Mein Freund Walter fuhr mich von La Paz bis zum Ausganspunkt nach Chuñavi ganz im Osten der Cordillera Real. Von dort beginnt der Jungas Cruz Inka Trail der nach Chulumani führt. Zugleich ist dieser die östlichste Hochland-Verbindung ins Tiefland der Jungas aus der Zeit der Inkakultur.
Ich laufe jedoch den wenig bekannten parallel verlaufenden Inka Trail nach Osten, der in die Süd Jungas führt bis nach Irupana.
Für kurze Zeit geht es entlang des Jungas Cruz Inka Trails und später auf meinem Weg steil hoch zu zahlreichen Lagunen im hochandinen Bereich.

Chuñavi und 3x Nevada Illimani 6400m


Diese Puya spec. wächst entlang der Lagune Kariry 4´100 m zwischen Steinen und Felsen. Die keulenartigen Blütenrispen werden bis ca. 80 cm hoch.

Puya spec. Laguna Kariry


Schwarzmundgewächse (Brachyotum microdon), Enzian spec. (Gentiana) und Bomarea dulcis


Früh morgens an der Laguna Kariry mit Nevada Illimani 6´400 m.

Laguna Kariry

Weiter geht es in noch höhere Lagen zur Laguna Calzado, wo es beim Ausfluss eine gut erhaltene Steinbrücke gibt aus der Zeit der Inkas.


An der Laguna Alcapani fand ich an schönster Lage ein Platz für die Nacht.



In etwas tieferen Lagen auf 3´800 m in einer baumlosen Graslandschaft fand ich eine mir völlig unbekannte Puya. Ich vermute es ist eine Puya clava-hercolis fa., eines Artverwandten der in Ecuador und Kolumbien in hohen Lagen heimisch ist.



Puya clava-hercolis fa.


Im baumlosen Hochgebirge konnte ich den Weg aus der Zeit der Inkas immer gut erkennen. Doch als ich in tieferen Lagen in den feuchten moosbehangenen Nebelwald eintauchte, war er wie vom Erdboden verschwunden, zugewachsen. Man konnte jedoch sehen, dass mancherorts das Erdreich abgetragen wurde und es dort einmal einen Weg gab. Das Weiterkommen war mühsam, manchmal nur kriechend, und ich wusste lange nicht, ob ich jemals aus dieser grünen Hölle herauskomme. Es kann angenommen werden, dass dieser Weg nicht mehr begangen wird. Nach sechs Tagen Strapazen und Einsamkeit erreichte ich Irupana

Nebelwald

Cattleya spec.

Baumfarn Cyathea delgadii

Blick vom Hotel Anahi Irupana.


Von Irupana fahre ich mit einem Micro-Bus bis zum Rio La Paz und von dort weiter zu Fuss auf der Landstrasse nach Miquillas.


Der Aufstieg durch Koka- und Mango-Plantagen in Richtung Rio Suri war besonders schweisstreibend. Oben auf dem Berg vor einer Alphütte treffe ich einen Mann, sein Name ist Roberto Calani.





Ausschnitt aus dem Tagebuch:
8. November 2008
Ich fragte Roberto, ob der Weg zum Rio Suri und weiter ins Hochland von Arcopongo, Provinz Inquisivi, begehbar sei. Für lange Zeit war er sprachlos, denn mit einem Gringo hier oben hat er nicht gerechnet. Er sagte, dass vor einigen Jahren sein damaliger Nachbar in die Schlucht des Rio Suri abgestiegen sei, um nach seiner einzigen Kuh zu suchen. Er sei jedoch nie mehr zurückgekehrt. Weiter sagte er, er könne sich nicht erinnern, dass jemand in den letzten Jahren diesen Weg gelaufen sei. Das waren keine guten Nachrichten. Weiter fragte ich, was mit der Katze passiert sei. Er sagte, der Esel hätte sie vor einem Jahr getreten, und nun sei sie an den Hinterbeinen gelähmt. Die Katze ist in einem erbärmlichen Zustand und völlig abgemagert. Ich war geschockt und traurig. Ich holte schnell ein Sack Milchpulver aus dem Rucksack und rührte es mit Wasser an. Sofort fängt sie an zu trinken. Und dann beginnt sie doch tatsächlich an zu schnurren, was für eine Freude. Doch wie kann man glücklich sein in diesem Zustand ganz alleine hier oben zu leben, denn Roberto lebt unten im Tal und kommt nur einmal die Woche, um nach der Katze und den zwei Kühen zu schauen.


Er hat in seiner aus Lehm gebauten Hütte ein Loch gegraben, damit sich die Katze rein und raus schleppen kann. Roberto hat sich längst auf den Weg ins Tal gemach, als ich mein Nachtessen zubereitete. Die Katze hat sich zu mir geschleppt, und so haben wir gemeinsam gegessen, was für ein schöner Moment. Doch nun stellt sich die Frage, wie geht es morgen weiter mit meiner Reise. Ich war unschlüssig und zweifelte, ob es überhaupt Sinn macht weiterzulaufen. Doch ich glaube die Katze mit ihrem nicht zu bändigenden Lebenswillen, die zufrieden und schnurrend vor mir lag, wollte mir sagen, nie aufgeben, weitermachen.




Der Weg hinab ins Tal des Rio Suri konnte man zumindest teilweise erkennen. Doch dieser ist zu einem Grossteil mit hohen Büschen bewachsen, und so war ich die meiste Zeit kriechend unterwegs. Unten am Fluss in steinigem felsigen Gelände finde ich erstmals wieder Kakteen, Parodia miguillensis HJ 1281. Sie sind nahe verwandt mit Parodia ayopayana.

HJ 1281 Parodia miguillensis


Im Gegensatz zu der Parodia ayopayana wächst die Parodia miguillensis HJ 1281 im Alter keulenförmig auch hängend und wiederaufrichtend, meist an steilen Felswänden. Sie bilden grössere Polster und die Dornen sind mehr feinnadelig.

HJ 1281 Parodia miguillensis


In offenem Gelände wächst die wenig bekannte Furcraea boliviensis.

Furcraea boliviensis


Weit verbreitet, jedoch schwierig zu fotografieren sind Tillandsien, die hier an niedrigen Büschen wachsen. Vereinzelt findet man auch einen mir unbekannten Cleistocactus spec. HJ 1284.

Tillandsia paleacea

Tillandsia aeranthos

HJ 1284 Cleistocactus spec.


Am nächsten Morgen war ich sehr aufgeregt, denn ich wusste nicht, dass wenn ich den Rio Suri überquere es dort überhaupt einen Weg gibt, der wieder in die Berge führt. Es kam wie befürchtet. Nach stundenlanger erfolgloser Suche in diesem undurchdringlichen Gestrüpp, musste ich mein Vorhaben aufgeben. Das Unternehmen Ayopaya war gescheitert, jedoch nicht aufgegeben. Siehe: Bolivien November 2010 Quime-Arcopongo-Independencia


Es blieb mir nichts anderes übrig, als diesen beschwerlichen Weg zurück nach Miquillas in Angriff zu nehmen.


Die Jungs, die in Miquillas mit Reparieren eines Lastwagens beschäftigt waren, gaben mir eine nicht gerade unfallsichere Bleibe für die Nacht.



Zurück am Rio La Paz laufe ich auf der Landstrasse flussaufwärts in Richtung Lambate. Schon bald entdecke ich wieder in felsigem Gelände ein Standort der Parodia miguillensis HJ 1282. Nicht erwartet habe ich, dass auch Echinopsis ayopyana HJ 1283 hier zu finden ist. Die grosse Überraschung war jedoch die Echeveria HJ 1285 mit den etwas bläulich gefärbten Rosetten, die hier in grosser Zahl wie angeklebt an den Felsen wachsen.

HJ 1282 Parodia miguillensis

Kulturpflanze
HJ 1282-1 Parodia miguillensis

HJ 1283 Echinopsis ayopayana

Kulturpflanze
HJ 1283-1 Echinopsis ayopayana

HJ 1285 Echeveria spec.

Kulturpflanze
HJ 1285-1 Echeveria spec.

Später erreiche ich die Ruinas de Pasto Grande mit den dazugehörigen Pflanzterrassen aus der Zeit der Inkas.






Ausschnitt aus dem Tagebuch:
Nachmittag 12. November 2009.
Endlich kommt etwas Fahrbares vorbei und nimmt mich mit bis nach Lambate. Hier gibt es tatsächlich ein Alojamiento mit primitivem Bett, leider ohne Toilette. Der Mann sagte, er würde heute Abend kochen, ob ich mitessen möchte. Sehr gerne sagte ich. Morgen würde auch ein Bus nach La Paz fahren, sagte er weiter, das sind gute Nachrichten. Das Essen hat gut geschmeckt. Ich war müde und legte mich früh zu Bett. Doch schon bald fing mein Magen an zu rumpeln, und ich musste dringend aufs Klo, Durchfallalarm, doch wohin? Ich ging nach draussen und lief so schnell das ging zum nahegelegenen Friedhof. Dort verbrachte ich die halbe Nacht in der Hocke zwischen Grabsteinen.





Mit einem ausgedienten amerikanischen GMC Schulbus fuhr ich zurück nach La Paz, einem robusten Fahrzeug, das gut geeignet ist für diese Strassen. Doch irgendwann gab es einen lauten Knall, und ich dachte, wir hätten das Getriebe verloren, doch es war die Kardanwelle, die am Boden lag. Sie wurde an Ort wieder befestigt.


Da ich die Reise vorzeitig abbrechen musste, hatte ich genügend Zeit für weitere Abenteuer. Ich entschloss mich noch einmal den faszinierend schönen Choro Jungas Inka Trail in der Region La Paz zu laufen.
Siehe: La Paz - Choro Inka Trail, 1997 und 2009