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Feldarbeit
Etappe 11
Zudañez-Redencion Pampa-Pasorapa-Vallegrande
November, Dezember 2000
Die Etappe 11 besteht aus zwei Reise-Abschnitte. 1. Reise-Abschnitt - Pasajes nach Alisos In der ersten, kleineren Etappe reise ich in den Süden Boliviens
nach Tarija. Dort wandere ich auf der Cordillera de Sama in Richtung Süden. Mein Ziel ist es,
herauszufinden, ob es weiter südlich bis ins Grenzgebiet zu Argentinien weitere Vorkommen von
Sulcorebutia tarijensis gibt. 2. Reise-Abschnitt - Zudañez - Redencion Pampa - Pasorapa - Vallegrande Auf der zweiten Etappe möchte ich mögliche Kontaktzonen von Sulcorebutia tarabucoensis aus der Region von
Zudañez und den weiter nördlich bei Redencion Pampa vorkommenden Sulcorebutien gemmae lokalisieren. Anschliessend
durchquere ich auf abenteuerliche Weise das tief eingeschnittene und breite Tal des Rio Grande, was immer
wieder für Überraschungen sorgt. Von Pasorapa wandere ich weiter nach Osten durch zerklüftete Bergregionen,
durchquere das schwer zugängliche Tal des Rio Mizque und beende meine Reise in Valle Grande. 1. Reise-Abschnitt - Pasajes nach Alisos Dienstag, 14. und Mittwoch, 15. November, Flug von Zürich nach La Paz Dora fährt mich am späteren Nachmittag zum Flughafen. Es bleibt nicht viel Zeit für den Abschied, doch er
ist sehr emotional und herzlich, ja schon fast etwas schmerzhaft. Der Flug mit Lufthansa nach Frankfurt
hat wegen schlechten Wetters Verspätung und ist ziemlich turbulent. Mit einer MD 11 von Varig geht der
Flug weiter nach São Paulo und Santa Cruz und landet nach bald 24 Stunden auf dem Flughafen von El Alto
in La Paz. Mit dem Taxi fahre ich direkt zum Instituto Geográfico Militar im Zentrum von La Paz. Doch
wegen des heutigen Fussballspiels zwischen Bolivien und Uruguay ist das Büro geschlossen. Man sagt mir,
ich solle morgen wiederkommen. Diesen Spruch werde ich wohl noch des Öfteren zu hören bekommen. Ich fahre
weiter nach Mallasa ins Hotel Oberland zu meinem Freund und Hotelbesitzer Walter Schmid. Man sagt mir, er
sei am Felsklettern und komme erst am späteren Nachmittag zurück. Ich bin gerade beim Abendessen, als ich
Walter endlich begrüssen kann. Ziemlich verärgert sagt er, jemand habe seine Heckscheibe am Auto geklaut.
Weiter sagt er, dass im Moment so ziemlich alles geklaut werde, was nicht Niet und nagelfest sei. Ich war letztes Jahr nicht in Bolivien, und so gibt es viel zu erzählen. Walter sagt, der Wirtschaft gehe
es schlecht. Die Koka-Bauern protestieren, da ihre Plantagen vernichtet werden. Wegen des fehlenden Kokainverkaufs auf dem Schwarzmarkt
fehlen hunderte Millionen Dollar, und viele Menschen haben kein Einkommen mehr. Betriebe sind bankrottgegangen, und viele Häuser
werden günstig zum Verkauf angeboten. Donnerstag, 16. November, Mallasa - La Paz Walter hat sich bereits früh am Morgen verabschiedet und ist weggefahren, um seine Heckscheibe zu suchen.
Er sagte, es gäbe oben auf dem Altiplano einen Diebesmarkt, wo man mit viel Glück die gestohlenen Sachen
wieder zurückkaufen könne. Auch ich mache mich reisefertig für den heutigen Flug nach Tarija und fahre
erneut ins Instituto Geográfico Militar. Dort bekomme ich erfreulicherweise alle 1:50.000 Landkarten,
die ich für meine beiden Reisen brauche. Auf verstopften Strassen geht es weiter zum Flughafen. Das
Flugticket hat Walter bereits organisiert, und so konnte ich nur noch einchecken. Wie mir am Gate 2 der
LAB-Fluggesellschaft gesagt wird, hat der Flug nach Tarija 40 Minuten Verspätung. Ich habe also genügend
Zeit und setze mich draussen in die Sonne, um die Landkarten zu studieren. Als ich rechtzeitig am Gate
ankomme, muss ich zu meinem Schrecken erfahren, dass das Flugzeug nach Tarija bereits gestartet ist.
Ziemlich frustriert stehe ich nun am Flughafen ohne Gepäck. Noch schlimmer ist, zu erfahren, dass alle
morgigen Flüge nach Tarija ausgebucht sind. Doch es gibt Hoffnung: Bei der Tochtergesellschaft der Aero
Sur wird mir gesagt, ich solle morgen um 9:00 Uhr hier am Gate sein. Möglicherweise gäbe es einen Platz
für den 10:00 Uhr Flug nach Tarija. Ein Taxi fährt mich zurück nach La Paz ins Hotel La Galeria in der
Nähe der Plaza San Francisco. Der Fahrer sagt, das Hotel sei günstig und zentral gelegen. Von hier aus
bin ich schneller am Flughafen als vom Hotel Oberland im Süden der Stadt. Den Nachmittag verbringe ich
in den von Souvenirläden geprägten und von Menschen überfüllten Gassen auf der Suche nach Milchpulver.
Will man die vierspurige Hauptstrasse überqueren, ist dies nur mit akrobatischen Einlagen möglich, denn
hier hat der Fussgänger keinen Vortritt. Zusätzlich wird man von den stinkenden und rauchenden Abgasen
der Autos eingenebelt. (Weitere Infos über La Paz, siehe Etappe 6) Freitag, 17. November, La Paz Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Blick auf die roten Dächer der Innenstadt fahre ich mit dem Taxi
hoch nach El Alto zum Flughafen. Pünktlich um 9:00 Uhr melde ich mich am Schalter bei der freundlichen
Bolivianerin von gestern. Sie suchte schnell auf dem Bildschirm nach einem Platz für den 10:00-Uhr-Flug
nach Tarija und lächelte, als sie sagte, dass es noch Platz gäbe - was für eine Freude! Der Himmel ist
wolkenlos, als wir nach 30 Minuten Flug für einen Zwischenstopp in Sucre landen. Beim Weiterflug nach
Süden entlang des Rio Pilcomayo kann ich sehen, wo ich mich vor zwei Jahren in dieser abgeschiedenen
Wildnis herumgeschlagen habe. Nach der Landung am Flughafen von Tarija wollte ich im Büro bei der LAB
nach meinem Gepäck fragen. Es war jedoch geschlossen, und man sagte mir, ich solle später wiederkommen.
So fahre ich mit dem Taxi ins Hotel Martinez in die Stadt, in dem ich auf meiner Reise 2001 schon einmal
eine schöne Zeit verbracht habe. Landkarte: Von Pasajes nach Llisos Im Hotel Martinez mit Blick auf die Cordillera de Sama, wo südlich davon meine Wanderung beginnt. Ganz in der Nähe des Busbahnhofs erkundige ich mich nach einem Bus in Richtung Villazón. Doch dieser
fährt nur nachts, und das möchte ich nicht. Aber ich kann morgen den Bus nehmen, der nach La Paz fährt,
und in Iscayachi westlich von Tarija aussteigen, um von dort mit einem anderen Fahrzeug weiter nach Süden
zu gelangen. Das Büro bei der LAB am Flughafen hat jetzt geöffnet, und ich kann mein Gepäck abholen.
Das Gepäck, das für die zweite Tour gedacht ist, kann ich im Hotel lassen. Nachdem ich meinen Rucksack
reisefertig gepackt habe, schlendere ich noch durch die gepflegte Innenstadt, esse eine Pizza und
geniesse das bunte Treiben an der Plaza de Armas. Die Atmosphäre und die Kultur der Menschen erinnern
mich an die Städte in Nordargentinien. An der Plaza de Armas, im Zentrum von Tarija Samstag, 18. November, Hotel Martinez, Tarija Als ich um 6:30 Uhr am Kiosk beim Busbahnhof einen warmen Kaffee mit frischen Brötchen genoss und meinen
Wassersack mit 4 Litern Mineralwasser auffüllte, herrschte bereits reger Betrieb der Fahrgäste, die ihr
Gepäck einluden. Auch ich stieg rechtzeitig in den Bus, um einen Fensterplatz an der frischen Luft zu
ergattern. Pünktlich um 7:00 Uhr fuhr der recht komfortable Bus los auf seine vierundzwanzigstündige
Fahrt nach La Paz in Richtung Sama Pass. Der Himmel ist wolkenlos. Die steile und kurvenreiche Strasse
konnte nur langsam befahren werden, und so hatte ich Glück, blühende Kakteen zu beobachten, vor allem
Aylosteras, Lobivien obrepanda und möglicherweise auch Sulcorebutia tarijensis. Eine grosse Vielfalt an
Kakteen, die wir bereits in den achtziger Jahren am Sama Pass beobachten konnten. Dies ist auch der Grund,
weshalb ich weiter südlich der Cordillera de Sama nach weiteren Kakteenvorkommen suchen möchte. In Iscayachi, westlich des Sama Passes, an der wichtigen Strassenverbindung nach Argentinien, steige ich aus.
Wie etwas Verlorenes stehe ich in diesem trostlosen und menschenleeren Nest. Es herrscht absolute Stille,
nur die Spatzen zwitschern von den Dächern. Ich warte lange Zeit vergeblich auf etwas Fahrbares. Weiter
der Strasse entlang füllt ein Mann Benzin aus einem Fass in seinen ziemlich schrottreifen Toyota. Ich
frage den Mann, ob er mich nach Pasajes fahren könne und was das kosten würde. Er hat ziemlich lange überlegen
müssen und sagt 90 Bolo, das sind knapp 15 US-Dollar. Für mich ist das OK, denn bis nach Pasajes sind es
immerhin ca. 50 km. Die viel befahrene Strasse hat immer wieder zahlreiche tiefe Schlaglöcher. Doch
Fernando, so heisst der Mann, fährt durch die Löcher, als sei er auf der Flucht. Dennoch schaffen wir es
ohne Schaden ans Ziel. In Pasajes gibt es nur ein paar wenige Häuser und eine Kirche. Die Menschen leben
von den Lamas und Alpakas, die man weit verstreut auf der kargen Hochlandebene sehen kann. Plötzlich
halten zwei Männer mit Motorrädern und fragen, was ich hier machen würde. Es sind Ranger, die die
verschiedenen geschützten salzhaltigen Lagunen in der Region beaufsichtigen, wo zahlreiche verschiedene
Flamingoarten leben. Ich sage ihnen, dass ich in die Cordillera de Sama wandern möchte, um verschiedene
Pflanzen zu beobachten und zu studieren. Sie zeigen mir den kaum sichtbaren Weg nach Osten, der in die
Berge führt, und verabschieden sich. Kirche von Pasajes Bald muss ich feststellen, dass diese endlose und von starken Winden geprägte Pampa nicht der angenehmste
Ort zum Wandern ist. Hier auf 3700 m ist die Sonne besonders intensiv und wirkt wie ein Brennglas. Erst
am frühen Nachmittag steigt das flache Gelände langsam an, und man hat einen weiten Blick zurück zur
Lagune Tajsara." Lagune Tajsara In dieser steinigen und mit Gras bewachsenen Landschaft ist der Trampelpfad kaum sichtbar, und ich zweifle
oft, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Es ist später Nachmittag geworden, als ich in einem kleinen
Bachlauf ganz wenig fliessendes Wasser finde. Und da es oben auf dem Pass wolkenverhangen ist und mir
ein kalter Wind um die Ohren bläst, entscheide ich mich frühzeitig, das Zeltlager aufzubauen. Camp 1 Tag, Abra Cicunayoj, 3´960m, Cordillera de Sama. Sonntag, 19. November, Abra Cicunayoj, Cordillera de Sama Überraschenderweise habe ich hier auf fast 4.000 m Höhe recht gut geschlafen. Doch in den Morgenstunden
fing es an, mich zu frösteln. Kein Wunder, denn als ich meinen Kopf erstmals aus dem Zelt strecke, sind
die Grasbüschel mit Reif bedeckt. Auch das Zelt ist gefroren, und beim Abbauen sind auch meine Finger kalt
geworden. Bereits kurz nach Sonnenaufgang erreiche ich den Pass bei strahlend schönem Wetter mit Blick
nach Westen zur Lagune Tajsara, nach Norden in die Cordillera de Sama und nach Osten in die hügelige
Ebene von Padcaya. Blick nach Westen zur Lagune Tajsara Blick nach Norden in die Cordillera de Sama Blick nach Osten in die hügelige Ebene von Padcaya Hier oben auf über 4´000 m wachsen keine Kakteen, und so steige ich in Richtung Osten ab. Im felsigen
Gelände tummeln sich zahlreiche Viscachas, doch sie sind sehr scheu, und man kommt nicht an sie heran. Auf 3.800 m wachsen die ersten blühenden Pflanzen, wie Lupinus bandelierae und das Hahnenfussgewächs Oreithales integrifolia. Lupinus bandelierae aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) Abra Cicunayoj, Cordillera de Sama, 3´800 m, 10 km westlich Alisos, Dep. Tarija, Provinz José María Avilés, Bolivien Oreithales integrifolia aus der Familie der Hahnenfussgewächse (Ranunculales) Abra Cicunayoj, Cordillera de Sama, 3´800 m, 10 km westlich Alisos, Dep. Tarija, Provinz José María Avilés, Bolivien Beim weiteren Abstieg auf 3600 m wächst vereinzelt Lobivia chrysochete. Auf 3.400 m, wo sich der Gebirgskamm
teilt, erhoffe ich mir Sulcorebutia tarijensis zu finden. Ich suche das Gelände weitläufig ab, jedoch
ohne Erfolg. Einzig eine Form von Aylostera fiebrigii, die HJ 848 und die Puya humilis wachsen
in den Felsen. Ich vermute, dass das Klima zu feucht ist für Kakteen, denn die von Osten herangeführte
feuchte Luft staut sich hier über längere Zeit an den steilen Bergflanken. HJ 848 Aylostera fiebrigii Abra Cicunayoj, Cordillera de Sama, 3´400 m, 9 km westlich Alisos, Dep. Tarija, Provinz José María Avilés, Blick in die Ebene von Padcaya, Bolivien Puya humilis Abra Cicunayoj, Cordillera de Sama, 3´400 m, 9 km westlich Alisos, Dep. Tarija, Provinz José María Avilés, Bolivien Der weitere Abstieg ist sehr steil und schwierig, und so komme ich nur schleppend voran. Dazu machen sich
Gelenkschmerzen in den Knien bemerkbar. Kakteen habe ich keine mehr gefunden, was für einen Frust. Unten
im Tal nach 1200 m Abstieg habe ich mich entschieden, nicht weiter in Richtung Argentinien zu laufen. Ich
versuche deshalb morgen um 10:00 Uhr in Tarija den Flug nach Sucre zu erreichen, um die zweite Etappe in Angriff
zu nehmen. Es gibt nur zwei Flüge in der Woche nach Sucre, morgen Montag oder am Freitag. Es ist jetzt 14:00 Uhr,
und ich stehe mitten im Nirgendwo. Es ist sehr fraglich, ob ich bis morgen früh es schaffe, bis zum Flughafen zu
gelangen. Ich wandere weiter einem kleinen Flusstal entlang und kann mich endlich erfrischen und meinen quälenden
Durst löschen. Bald erreiche ich eine kleine Siedlung, wo es halbwegs eine befahrbare Strasse gibt. Ich frage dort,
wie ich von hier am schnellsten nach Tarija komme. Eine Frau sagt, dass nur ganz selten ein Lastwagen hierherkommen
würde. Aber morgen früh um 04:00 Uhr fährt ein Lastwagen von Alisos nach Tarija. Wie lange man laufen müsse bis nach
Alisos, konnte mir die Frau nicht sagen, aber sicher könne ich den Ort heute noch erreichen. Es ist bereits später
Nachmittag, als ich versuche, mich im Eiltempo auf den Weg zu machen. Doch ich torkle nur noch wie ein Betrunkener
vor mich hin, denn die Müdigkeit und die bereits vorhandenen Gelenkschmerzen an den Knien und Füssen belasten
mich sehr. Es ist dunkel geworden und ich setze meine Stirnlampe auf, in der Hoffnung diesen Ort Alisos bald zu erreichen.
Es ist 21:00 Uhr, und bin bereits vierzehn Stunden gelaufen, als ich plötzlich sanfte Gitarrenklänge höre,
was für einen Empfang, was für eine Freude, ich habe es geschafft, ich bin in Alisos. Es ist absolute Finsternis,
nur eine brennende Kerze auf dem Geländer einer Veranda zeigt mir wo der Gitarrist zu finden ist. Nicht
verwunderlich, dass der junge Mann er heisst Alfredo, etwas überrascht ist, um diese Zeit und dazu noch
einen Gringo vor sich zu sehen. Er bestätigt, dass Morgen um vier Uhr ein Lastwagen nach Tarija fährt,
ich bin erleichtert. Ich frage Alfredo ob es eine Schule gäbe um dort zu übernachten. Sicher, und begleitet
mich dorthin. Doch beim Lehrer, der neben der Schule wohnt ist kein Licht zu sehen und es scheint als ob er
sich schlafen gelegt hat. Ich könne bei Ihm auf der Veranda nächtigen sagt Alfredo. Eigentlich ist es egal wo
ich mich hinlege, ich will endlich meine Füsse strecken. Mein Durst quält mich sehr und Alfredo zeigt mir wo
es ein Einkaufsladen gibt. Vor dem Eingang brennt eine Kerze, daneben auf einer Liege liegt ein Mann, zwei
Knaben und ein Mädchen. Das Mädchen holt den Schlüssel, nimmt die Kerze und zeigt mir was es zu kaufen gibt.
Etwas essbares sucht man vergebens, doch es hat genügend Auswahl an Getränken. Montag, 20. November, Alisos Nach den Strapazen des Vortages hatte ich Bedenken, dass ich meinen Transport so früh am Morgen verschlafen würde.
Doch bereits eine halbe Stunde vor Abfahrt war ich am Zusammenpacken. Ich schlief kurz, aber tief wie in Narkose.
Auf dem Dorfplatz warteten bereits Reisende mit viel Gepäck. Kurz nach vier Uhr kam der Lastwagen und es wurden
vor allem Säcke und Körbe mit Gemüse geladen, aber auch Hühner und Ziegen waren dabei. Ich denke, die Leute fahren
damit zum Markt in Tarija. Anschliessend fährt der Lastwagen an verschiedenen Höfen vorbei, um noch mehr Güter
und Gepäck aufzunehmen. Irgendwann war die Ladebrücke auch vollgestopft mit Menschen und der Fahrer machte sich
auf den Weg in die Grossstadt. Endlich gab es frischen Fahrtwind, denn der Gestank von Menschen und Tieren war
kaum zu ertragen. Bedeckt mit einer dicken Staubschicht erreichen wir rechtzeitig Tarija. Mit einem Taxi fahre ich
ins Hotel Martinez und konnte dort duschen und frühstücken, obwohl ich heute wieder abreise. Das wird belohnt mit
einem angemessenen Trinkgeld. Rechtzeitig schaffte ich es zum Flughafen und war erfreut, noch einen Fensterplatz für den zehn Uhr Flug
nach Sucre zu bekommen. Der Flug dauerte nur zwanzig Minuten und wie immer, wenn ich in der Hauptstadt
bin, logiere ich im Hotel Recoleta. Später am Busbahnhof erfahre ich, dass der erste Bus nach Zudañez
um 06:30 fährt. Ich machte mir einen gemütlichen Nachmittag, esse eine grosse Familienpizza und mache meinen
Rucksack für die zweite Etappe reisefertig, der jetzt deutlich schwerer geworden ist. Vor allem aber freute
ich mich auf eine warme Dusche und ein sauberes Bett. (Infos über Sucre, siehe Etappe 7) 2. Reise-Abschnitt - von Zudañez nach Vallegrande Dienstag, 21. November, Sucre Landkarte: Zudañez nach Vallegrande Obwohl der Weckdienst nicht funktionierte und der Strom ausfiel, wache ich rechtzeitig auf. Das
Gepäck für die Rückreise kann ich im Hotel deponieren. Der bequeme Bus fährt pünktlich in Richtung
Tarabuco los. Ich war überrascht, dass die Strasse nach Tarabuco seit meiner letzten Fahrt im Jahr
1993 ausgebaut und asphaltiert wurde. Die Schotterpiste nach Zudañez blieb jedoch dieselbe - staubig
mit engen Kurven. Da der Bus nach einer kurzen Pause in Zudañez weiter bis nach Villa Serrano fährt,
blieb ich sitzen und stieg kurz danach am Abzweig zum Cerro Calle-Calle aus. Zudañez Die beiden Männer, die für das Ein- und Ausladen des Gepäcks zuständig sind, müssen zu zweit meinen
Rucksack aus dem Gepäckraum holen. Sie fragen sich, wie es möglich ist, mit einem so schweren Rucksack
von über 30 kg unterwegs zu sein. Ja, diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt. Ich bin die
nächsten drei Wochen zu Fuss unterwegs und habe alles dabei, was man zum Überleben braucht. Bereits in den Achtzigerjahren haben wir auf unserer Südamerikareise mit unserem VW-Bus diese Region
nach Kakteen untersucht. Später im Jahr 1993 machte ich meine erste Wanderung von Zudañez nach Azurduy.
(Siehe auch Etappe 9) In dieser Region wachsen hauptsächlich
Formen von Sulcorebutia tarabucoensis und Sulcorebutia tarabucoensis ssp. hertusii. Es ist später Morgen, als ich mich erst einmal zum Frühstück hinsetzte. Ich hatte frische Brötchen und
Bananen in Zudañez gekauft. Bis zur Estancia Calle-Calle gibt es eine halbwegs befahrbare Strasse. Bei
einer Weggabelung nahm ich jedoch den falschen Weg und geriet an der nördlichen, steilen Felsflanke des
Cerro Calle-Calle in eine Sackgasse. Auf dem Rückweg durchsuchte ich das Gelände nach Kakteen und fand
erstmals einige wenige Exemplare von der Sulcorebutia tarabucoensis var. callecallensis, die HJ 849. HJ 849 Sulcorebutia tarabucoensis var. callecallensis Nordseite des Cerro Calle-Calle 2´950 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Kulturpflanze: HJ 849 Klon 1 Als ich endlich wieder auf dem richtigen Weg nach Norden unterwegs war, geriet ich unerwartet in ein heftiges
Gewitter. Wie so oft in einer solchen Situation war der Regenponcho nicht griffbereit. Aber ein Felsvorsprung
in der Nähe bot einigermassen Schutz. In Mulden zwischen Felsen hatte sich Regenwasser gesammelt, und so konnte
ich endlich meinen quälenden Durst löschen. Ich nehme auch genug mit für das Nachtlager. Während ich so dasitze und auf besseres Wetter warte, schaue ich auf meine nass gewordenen Schuhe und sah,
dass sich bei dem linken Schuh vorne die Schuhsohle gelöst hatte. Das verhiess nichts Gutes, und ich mache mir Gedanken darüber, wie
ich das später provisorisch reparieren könnte. Es war spät geworden, als ich auf einer mit Gras bewachsenen Hochebene einen idealen Platz
für die Nacht fand. Während ich das Abendessen koche, versuche ich, die Sohle am Schuh wieder zu befestigen. Dazu nahm ich eine Schliessnadel
oder Sicherheitsnadel, begradigte sie und stach sie durch die Sohle und vorne am Schuhende. Danach drehte ich mit der Zange vom Sackmesser die
beiden Enden zusammen, bis die Sohle wieder fest am Schuhleder sass. So konnte ich an drei verschiedenen Orten am Schuh, die Schuhsohle
wieder befestigen. Camp 1 Tag, nördlich Cerro Calle-Calle Mittwoch, 22. November, nördlich Cerro Calle-Calle, Camp 1. Tag Gestern Abend konnte ich bei einer atemberaubenden Panoramasicht die letzten Sonnenstrahlen geniessen.
Doch heute Morgen schlich sich feuchter Nebel durch die Landschaft, und man konnte kaum etwas erkennen.
Trotzdem mache ich mich sehr früh auf den Weg. Schon bald zwängte sich die Sonne durch die Wolken, und man hat Sicht auf die weit verstreuten Bauernhöfe. Auf der steinigen, abgeflachten Ebene sind die kräftig roten Blüten der Lobivia cinnabarina kaum zu übersehen. Lobivia cinnaberina Cerro Paltaloma, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Am Nordende des Cerro Leche Yacuyoj führt der Weg in sehr steilem Gelände 400 Höhenmeter hinunter ins Tal
des Rio Pirhua Mayu. Und wie ich sehen kann, geht es auf der anderen Talseite etwa gleich viele Höhenmeter
wieder hoch auf den Cerro Huaylla Orkho. Zumindest gibt es beim Abstieg genügend Schattenbäume, so dass
ich gemütlich frühstücken kann. Doch in diesem schwierigen Gelände machen sich die Gelenkschmerzen in
meinem Knie wieder bemerkbar. Aber etwas Freude gibt es dennoch: Unten im Fluss gibt es genügend Wasser
zum Trinken und mitnehmen. Für ein erfrischendes Bad gibt es sogar ein kleines Pool. Doch der Aufstieg mit zusätzlich fünf Litern Wasser an der prallen Mittagssonne ist mehr als brutal, und
so mache ich bei jedem Schattenbaum, unter dem ich mich verkriechen kann, längere Pausen. Auf 2700 m in
abgeflachtem, steinigem Gelände entdecke ich eine weitere Population von Sulcorebutien, die HJ 850. Diese
polsterbildenden und bis zu zwei Zentimeter dicken Pflanzen mit dunklem Körper und kurzen Dornen gehören
in den Formenkreis der Sulcorebutia tarabucoensis. HJ 850 Sulcorebutia tarabucoensis fa. Cerro Huaylla Orkho 2´730 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Blick nach Süden zum Cerro Callle-Calle, Bolivien Kulturpflanze: HJ 850 Klon 10 Am gleichen Ort entdeckte ich eine weitere interessante Pflanze, die zu den Portulacgewächsen gehört.
Hätte dieses kleine krautige Pflänzchen, das von der Basis her verzweigt ist und niederliegende Stängel
sowie sukkulente, behaarte Laubblätter hat, nicht gerade geblüht, wäre es unentdeckt geblieben. Portulaca spec. Cerro Huaylla Orkho, 2´730 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Ich war erleichtert und froh, als ich endlich oben auf dem Cerro Huaylla Orkho einen geeigneten Ort für das Nachtlager fand. Donnerstag, 23. November, auf dem Cerro Huaylla Orkho Die Nacht war sternklar, und ich hatte mich gut von den gestrigen Strapazen erholt. Der morgendliche
Horizont zeigt sich in verschiedenen Farben. Die Luft ist würzig, und das Gras hing mit Tautropfen behangen
da, als ich mich auf den Weg zum Cerro Huayilla Orkho machte. Doch erst nach langem Suchen fand ich ganz
oben auf dem Pass eine weitere Population von Sulcorebutia tarabucoensis HJ 851. Diese unterscheiden sich kaum
von den zuletzt gefundenen. Die in Kultur aus Samen herangezogenen Pflanzen zeigten, dass es in dieser
Höhenlage sowohl rote als auch magentafarbene Blüten gibt. Die Regel besagt, dass Pflanzen in tieferen
Lagen magenta blühen und in höheren Lagen in verschiedenen Rottönen. HJ 851 Sulcorebutia tarabucoensis Cerro Huaylla Orkho, 2´860 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Kulturpflanzen: HJ 851 Klon 2, 7, 8, 46 Als Begleitflora findet man auch zahlreich Lobivia cinnaberina. Beim Abstieg vom Cerro Huaylla
Orkho nach Norden, etwa 200 Höhenmeter tiefer, wachsen ähnliche Formen von Sulcorebutia tarabucoensis, die HJ 852.
Diese sind meist etwas grösser im Wuchs und haben oft weissliche bis braun-gelbe Dornen. HJ 852 Sulcorebutia tarabucoensis Cerro Huaylla Orkho, nördlich des Gipfels, 2´785 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Kulturpflanzen: HJ 852 Klon 1, 3 (2x), 6, 7, 10, 11, 12 Ich mache mich auf den Weg in Richtung Norden und finde das hügelige Gelände immer wieder unterbrochen durch
kleine Seitentäler. Der kaum sichtbare Weg ist oft mit dichtem Gestrüpp zugewachsen, und ich komme nur schleppend
voran. Aber es gibt genügend Schattenbäume und Wasser für ein Picknick, und das ist mehr wert als alles andere.
In der späten Nachmittagssonne steige ich wieder hoch über die Waldgrenze hinaus und erreiche einen Berggipfel,
der oben etwas abgeflacht ist. Hier sieht es verdächtig nach Sulcos aus, und tatsächlich stehen einige wenige
Pflanzen eingeklemmt zwischen Steinen. Auch diese Pflanzen sind ähnlich wie die zuletzt gefundenen. Ganz in
der Nähe baue ich das Zelt für die Nacht auf. HJ 853 Sulcorebutia tarabucoensis Klon: 3, 4 und 5 3 km südlich Estancia Jarkhas, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Freitag, 24. November, Camp 3 Tag, südlich Estancia Jarkhas Bei kühler Morgenluft und schönstem Wetter wandere ich auf Bergkuppen oder seitlich um diese herum in Richtung
Norden. Obwohl die Bedingungen gut sind, finde ich keine Sulcorebutien mehr. Nach etwa drei Kilometern führt der
Weg hinab in die locker bewaldete Quebrada Rumi Cancha. Hier auf nur noch 2400 m sind verschiedene Kakteengattungen
beheimatet. Auf alten knorrigen Akazien wachsen Lepismium ianthothele. Diese strauchartigen epiphytischen Pflanzen
mit 3-4 kantigen, meist ausgebreiteten oder hängenden Segmenten wachsen in Astgabeln oder auf horizontal
ausgebreiteten Ästen. Die saftigen weissen Früchte werden durch Vögel verbreitet und sind im mittleren
Ostbolivien bis Nordargentinien weit verbreitet. Bereits Anfang der achtziger Jahre habe ich in Südbolivien
Samen von diesen Pflanzen, Lepismium ianthothele unter der Feldnummer HJ 599 gesammelt. HJ 599 Lepismium ianthothele Quebrada Rumi Cancha, 2´450 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien In mehr offenem Gelände steht ein bis zu vier Meter hoher Baumförmige Cereus comerapanus, mit zahlreichen
Ästen und fortgeschrittenen Knospen. Cerus comerapanus Quebrada Rumi Cancha, 2´450 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Aber auch ein Cleistocactus bis 130 cm hoch, streckt sich in den blauen Himmel Cleistocactus spec. Quebrada Rumi Cancha, 2´450 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Zum Glück gibt es im Bach genügend fliessendes Wasser, aber das feuchtheisse Klima ist kaum auszuhalten.
Beim erneuten Aufstieg durch dichtes Akaziengestrüpp werde ich unerwartet von einem heftigen Hagelgewitter
überrascht. Es bleibt keine Zeit, um den Regenponcho auszupacken, und ich flüchte so schnell wie möglich im
steilen Gelände unter einen grösseren Akazienstamm. Viel hat es nicht genützt, und ich werde völlig durchnässt.
Dazu hat sich die Luft stark abgekühlt, so dass ich meine Fleecejacke anziehen muss. Beim weiteren Aufstieg
auf 2700 m ist diese Abkühlung jedoch eine Wohltat. Doch oberhalb der Waldgrenze gerate ich wieder in ein
so heftiges Gewitter. Es geht alles sehr schnell, und ich kann nur den Rucksack mit dem Regenponcho schützen.
So stehe ich im strömenden Regen, bis der Spuk vorbei ist. Jetzt wäre ich froh, einen geeigneten Platz zu
finden, um das Zelt für das Nachtlager aufzubauen. Doch das Gelände ist steil und steinig. Überraschenderweise
stehe ich kurze Zeit später vor dem Schulhaus der Estancia Lampazar. Der Lehrer, sein Name ist Alejandro
wohnt nebenan in einem Zimmer. Er ist überrascht einen Fremden und dazu noch einen Gringo vor sich haben.
Wie oft in einer solchen Situation, fragt Alejandro woher ich komme und was ich hier mache in dieser abgelegenen
Gegend. Wir unterhalten uns eine Weile und frage ihn, ob ich in der Schule übernachten darf. Er sagte, es sei
dort kalt und windig da die Fenster geborsten seien, aber ich könne bei ihm im Zimmer schlafen. Dass es
sowas in der heutigen Zeit noch gibt hat mich schon überrascht. In diesem kleinen Zimmer gibt es nur ein
Bett, einen Tisch, zwei Stühle und einem kleinen Gaskocher. Als Dankbarkeit koche ich für uns beide das
Nachtessen. Es gibt Ungarisch Gulasch mit Spätzlen, eine Auswahl von den vielen getrockneten Fertigmenüs
die ich mitgenommen habe. Alejandro ist überrascht, dass aus diesem kleinen Beutel es eine so reichhaltige
Mahlzeit gibt und dazu noch hervorragend schmeckt. Alejandro sagt, dass wenn es dunkel würde, und das ist
bereits schon um 19:00 Uhr er schlafen gehen würde. Um etwas mehr Platz zu haben neben Alejandros Bett,
stelle ich die beiden Stühle nach draussen. Samstag, 25. November, Estancia Lampazar Der Tag macht sich nur langsam bemerkbar, als Alejandro bereits am Tee kochen ist. Draussen ist es düster,
die Wolken hängen tief, und es regnet leicht. Wir frühstücken gemeinsam und quatschen noch eine Weile über
Gott und die Welt. Ich bedanke mich bei Alejandro für seine Gastfreundschaft und mache mich auf den Weg zum
Cerro Potrero Punta. Gleich zu Beginn rutsche ich auf dem glitschigen Boden aus und schürfe mir das Knie
auf. "Der Tag fängt ja gut an", brumme ich so vor mich hin. Doch oben auf dem Berg werde ich trotz Regen
belohnt mit einer Population von Sulcorebutien, die HJ 855. Diese bis zu zwei Zentimeter grossen Pflanzen
zeigen eine gewisse Ähnlichkeit zu denen, die ich in den letzten Tagen gefunden habe. Allerdings unterscheiden sich die Samen
von Sulcorebutia gemmae von denen zu Sulcorebutia tarabucoensis. HJ 855 Sulcorebutia gemmae Kulturpflanzen: Klon 2, 5, 6, 7, 13, 15, 16 und 19 Cerro Potrero Punta 2´776 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Blick ins Tal des Rio Zudañez, Bolivien Leider hat es auf dem Cerro Potrero Punta geregnet, so dass ich keine Standort Fotos machen konnte. Erst als ich
weiter in Richtung Norden wandere wird das Wetter sonnig.
Ich wandere immer etwa auf gleicher Höhe auf einem Gebirgskamm weiter in Richtung Norden. Doch erst nach
etwa sechs Kilometern entdecke ich auf dem Cerro Pucarillo, südwestlich von Redencion Pampa, eine weitere
Population von Sulcorebutia gemmae, die HJ 856. Diese zeigen vor allem bei der Bedornung farbliche Unterschiede,
von weiss bis gelblich oder mehr braun. HJ 856 Sulcorebutia gemmae Cerro Pucarillo, südwestlich Redencion Pampa, 2´770 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien HJ 856 Sulcorebutia gemmae Kulturpflanzen: Klon 2, 6, 9, 10, 13, 16 (2x), 19, 20, 22, 24, 25, 28 und 36 Der Blick auf die Ebene von Redencion Pampa scheint endlos zu sein. Es ist erst Mittag, und ich hoffe,
heute noch bis ins Dorf zu gelangen. Unten auf der Ebene, wo es leicht hügelig ist, finde ich im steinigen
Gelände eine weitere Population von Sulcorebutia gemmae, die HJ 857. Sie unterscheiden sich kaum von den
zuletzt gefundenen. HJ 857 Sulcorebutia gemmae Cerro Pucarillo, 5 km südwestlich Redencion Pampa, 2´600 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien HJ 857 Sulcorebutia gemmae Kulturpflanzen: Klon 4 Kurz danach, entdecke ich eine ähnliche Population von Sulcorebutia gemmae, die HJ 858. HJ 858 Sulcorebutia gemmae Kulturpflanzen: Klon 1 (2x) und 5 Cerro Pucarillo, 4 km südwestlich Redencion Pampa, 2´580 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Nach 15 Kilometern endloser Pampa erreiche ich die kleine Ortschaft Villa Redencion Pampa, wo es auch eine
Strasse gibt. Es wird gesagt, dass heute Abend noch ein Lastwagen nach Mojocoya fährt. Wie lange habe ich
mich gefreut und geträumt von einem kühlen Bier. Und nun sitze ich gemütlich in einer kleinen Kneipe und
geniesse eine grosse Flasche von diesem köstlichen Hopfensaft. Es ist bereits dunkel geworden, als ich auf
der Ladebrücke eines fahrenden Lastwagens stehe und mich im angenehm kühlen Fahrtwind festhalte. Andere
Mitfahrende sitzen windgeschützt hinter der Fahrerkabine. Um Batterie und Glühlampen zu schonen, fährt
der Fahrer im Dunkeln. Nur wenn ein Fahrzeug entgegenkommt, schaltet er das Licht ein, wobei nur eines
der beiden funktioniert. Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir Mojocoya. Der Fahrer begleitet mich zur
einzigen Unterkunft (alojamiento) im Dorf. Ich klopfe ewig lang an die Holztür. Doch es brennt kein
Licht, und es scheint, als ob die Leute bereits schlafen gegangen sind. Doch irgendwann steht eine
ältere Frau vor der Tür. Sie ist ersichtlich überrascht, einen Fremden vor sich zu haben. Sie hätte
ein Dreibettzimmer für 10 Bolo = Fr 1,50. Das sei okay, sage ich. Da die Betten auf dem Lande meist
voll von Bettwanzen sind und die Bettwäsche schmutzig ist, bevorzuge ich am Boden zu schlafen. Sonntag, 26. November, Mojocoya Mojocoya Auf der anderen Strassenseite beim Telefonamt Entel bekomme ich frühmorgens eine Verbindung nach Hause
zu Dora. Alles ist in Ordnung, und auch Dora ist erleichtert, dass es mir gut geht. Ich kaufe noch
frische Brötchen, fülle meinen Wassersack mit Mineralwasser und mache mich auf den Weg nach Norden
in Richtung Buena Vista. Die Sonne brennt gnadenlos vom Himmel, und die endlose hügelige Pampa ist
langweilig. Schattenbäume sind schwer zu finden, und Pausen gibt es somit keine, auf die ich mich
so sehr sehne. Nur vereinzelte Harrisia tetracantha und ein Cleistocactus spec. bringen etwas
Abwechslung. Harrisia tetracantha 3 km nördlich von Mojocoya, 2´400 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Cleistocactus spec. 3 km nördlich von Mojocoya, 2´400 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Ziemlich ausgelaugt erreiche ich nach 12 km die Schule von Buena Vista. Der Unterricht der Schüler ist
gerade zu Ende gegangen und im Innenhof spielen die Kinder Fussball mit viel Lärm. Doch als ich mich im
Innenhof auf eine Bank setze, werde ich von den Kindern umzingelt und mit tausend Fragen bombardiert.
Die üblichen Fragen wie "Woher kommst du?" und "Wohin gehst du?" werden gestellt. Irgendwann fragen
sie, ob ich auch Fussball spielen würde. Ich antworte mit "Ja" und werde aufgefordert, auf den Platz
zu kommen. Das war wohl keine gute Idee, denn wegen des langen Fussmarsches von heute bin ich bereits
KO und bekomme den Ball nie unter die Füsse. Die Kinder lachen mich aus. Hinter dem Schulhaus befindet sich eine Quelle mit frischem Wasser. Von dort führt ein steiler Weg
hinauf zum Cerro Quemado del Naunaca. Gleich zu Beginn meiner Wanderung entdeckte ich zwischen Steinen
eine Population von Sulcorebutien. Diese Pflanzen unterschieden sich von den vorher gefundenen durch ihre
hell- bis dunkelgrüne Epidermis und gelben Blüten. Es handelt sich um die Sulcorebutia gemmae var. elizabethae,
die HJ 859, die von Johan de Vries erstbeschrieben wurde. In der Literatur wird sie bei Sulcorebutia canigueralli aufgeführt. HJ 859 Sulcorebutia gemmae var. elizabethae Estancia Buena Vista, 2´555 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Blick auf das Schulhaus von Buena Vista, Bolivien HJ 859 Sulcorebutia gemmae var. elizabethae Kulturpflanzen: Klon 1 und 9 Ich bin froh schon bald einen flachen geschützten Ort zu finden für das Nachtlager. Es ist ein schöner Ort
mit Blick in die östlich gelegenen Berge. Camp 6 Tag, nördlich Buena Vista Montag, 27. November, Beuna Vista, Camp 6 Tag Meine Gliederschmerzen sind verschwunden. Ich habe mich mittlerweile gut an das Zeltleben gewöhnt und
fühle mich richtig gut und bereit für neue Abenteuer. Es war eine klare Nacht. Die Gräser und Sträucher
sind mit Tautropfen bedeckt und ein würziger Duft liegt in der Luft. Die Landschaft früh morgens, ein
Farbenspiel von Licht und Schatten, einfach grandios. Bald erreiche ich das hügelige Plateau des Cerro Quemado del Naunaca. Ich wandere zuerst ein Stück der
felsigen Abbruchkannte entlang und entdecke bald eine weitere Population von Sulcorebutia gemmae var. elizabethae HJ 860. HJ 860 Sulcorebutia gemmae var. elizabethae Cerro Quemado del Naunaca, 1 km nördlich Estancia Buena Vista, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien HJ 860 Sulcorebutia gemmae var. elizabethae Kulturpflanzen: Klon 1 (2x), 3, 4 und 6 Beim Suchen nach weiteren Kakteen entlang der felsigen Abbruchkannte finde ich eine Form von
Aylostera fiebrigii HJ 861. Diese meist weisslich bis braun und fein bedornte Pflanzen machen kleine Polster HJ 861 Aylostera fiebrigii Bild 1: 1 km nördlich Estancia Buena Vista, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Bild 2: Kulturpflanze Klon 10 Plötzlich tauchen vier Männer vor mir auf und fragen, was ich hier suche. Ich erkläre es ihnen und
sie fragen mich, ob ich eine Bewilligung habe, um mich in dieser Region aufzuhalten. Ich antworte, dass ich keine
Bewilligung benötige. Allerdings behaupten sie, dass ich eine Bewilligung in Buena Vista benötige, die 100 US-Dollar
kostet. Sie schlagen vor, dass ich das Geld auch ihnen geben könne, um Zeit zu sparen. Zunächst denke ich, dass
sie einen makabren Witz machen, aber dem ist nicht so. Sie hindern mich daran, weiterzulaufen. Ich sage, dass ich
zurück nach Buena Vista gehe, um diesen Vorfall abzuklären. Nachdem ich eine kurze Strecke gelaufen bin, sagen sie,
dass 50 $ auch reichen würden, aber ich laufe weiter und sie reduzieren auf 20 $ und schlussendlich
auf 5 $. Ich akzeptiere diesen Deal wütend und zähneknirschend. Die Männer verschwinden dann sogleich wieder
in ihre nahgelegenen Höfe. Ich möchte diese unangenehme Begegnung schnell hinter mir lassen und beschleunige meinen Schritt
aus dieser Gefahrenzone in Richtung Norden. Später entdecke ich in einer locker bewachsenen
Buschlandschaft weitere Formen von Aylostera fiebrigii, die HJ 862. Diese sind kleiner als die
letztgefundenen und im moosbewachsenen Boden kaum sichtbar. Am selben Ort wachsen auch
Sulcorebutia gemmae var. elizabethae. HJ 862 Aylostera fiebrigii fa. Bild 2: HJ 862 zusammen mit HJ 860 Sulcorebutia gemmae var. elizabethae 3 km nordwestlich Estancia Buena Vista, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Etwas weiter nordwestlich am Cerro Naunaca in felsigem Gelände sind vereinzelt rote Farbtupfer zu sehen.
Es ist eine Lobivia mit meist kurztrichterig roten Blüten. Spätere Abklärungen zeigten, dass es sich um
die sehr variable Lobivia obrepanda handelt. HJ 863 Lobivia obrepanda fa. Cerro Naunaca, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Am selben Standort wächst auch eine Echinopsis spec. mit einem bis zu 100 cm einzelnen hohen Stamm, mit
trichterförmigen weissen Blüten. Echinopsis spec., Stamm bis 100 cm hoch Cerro Naunaca, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Die kleinwüchsigen Puya humilis, die am selben Ort wachsen, sehen nur attraktiv aus, wenn die
fortgeschrittenen Blütenrispen in die Höhe wachsen. Puya humilis Cerro Naunaca, 2´700 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Auf dem Weg treffe ich einen jungen Mann, dem ich sage, dass ich nach Wasser suche. Er sagt mir, dass es
in der Nähe Wasser gibt und weil es schwierig ist, den Ort zu finden, ist er bereit, mich dorthin zu führen.
Das Wasserloch befindet sich etwas abseits am Hang zwischen Sträuchern und das Quellwasser tropft nur
spärlich aus der Erde. Kurze Zeit später erreiche ich eine steile und felsige Abbruchkannte, von wo aus ich einen weiten
Blick ins Tal des Rio Grande geniessen kann. Doch schnell wird mir auch bewusst, welche Strapazen mir
beim Durchqueren dieses ca. 20 km breiten Tales in den nächsten Tagen bevorstehen. Vorne an der Abbruchkannte
zwischen niedrigen Büschen reicht ein kleiner Platz aus, um mein Zelt aufzubauen. Camp 7 Tag, Blick ins Tal des Rio Grande Ich habe noch Zeit in dieser wunderschönen Landschaft einen abendlichen Rundgang zu machen. Dabei
entdecke ich zwischen Steinen und niedrigen Sträuchern eine merkwürdige Pflanze. Es handelt sich um
die Synandrospadix vermitoxicus, die zur Familie der Aronstabgewächse (Araceae) gehört. Sie ist in
Bolivien, Argentinien und Paraguay beheimatet Synandrospadix vermitoxicus, Aronstabgewächs, (Familie Araceae) Cerro Naunaca, 2´750 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Dienstag, 28. November, Cerro Naunaca, Camp 7. Tag Ich sitze mit einer Tasse Tee in der Hand vor Sonnenaufgang auf einem Felsen und erfreue mich am Farbenspiel
der aufgehenden Sonne über dem weiten Tal des Rio Grande. Kurz bevor die halbwegs befahrbare Strasse steil
hinab durch bewaldetes Gebiet führt, in Richtung Hacienda Quivale, entdecke ich eine weitere Population
von Sulcorebutia gemmae var. elizabethae, die HJ 864. HJ 864 Sulcorebutia gemmae var. elizabethae Kulturpflanzen: Klon 4, 5 und 7 Cerro Naunaca, 2´970 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Anscheinend habe ich beim Sammeln von Samen der Sulcorebutia gemmae var. elizabethae auch Samen von
der Sulcorebutia naunacaensis gesammelt, die HJ 864a, die von Johan de Fries erstbeschrieben wurde.
In der Literatur wird diese Art bei Sulcorebutia canigueralli aufgeführt. HJ 864a Sulcorebutia naunacaensis Kulturpflanze: Klon 1 Cerro Naunaca, 2´970 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Beim Abstieg zur Hacienda Quivale durchwandere ich ein abwechslungsreiches Ökosystem mit anfangs
spärlicher bewachsener Felslandschaft und später einen Trockenwald mit hochgewachsenen Bäumen. Gleich
zu Beginn auf Felsen im Moos wachsen Aylostera fiebrigii, die jedoch keine Unterschiede zeigen zu der
zuletzt gefundenen, die HJ 862. Am selben Ort wachsen vereinzelt auch Echinopsis huotii und eine
Echeveria spec.. HJ 862 Aylostera fiebrigii fa. Cerro Naunaca, 2´870 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Blick nach Nordwesten zur Hacienda Quivale, Bolivien Im lockeren Gestrüpp gedeihen zudem mir unbekannte Puyas mit fortgeschritten Blütenrispen und einzelnen
sich öffnenden blauen Blüten. Puya spec. Cerro Naunaca, 2´870 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Auch eine mir bereits bekannte Pflanze kann ich beobachten. Es handelt sich um die Bomarea dulcis,
die in verschiedenen Höhenlagen in Bolivien weit verbreitet ist. Sie gehört zur Pflanzengattung
der Inkaliliengewächse (Alstroemeriaceae). Bomarea dulcis, Inkaliliengewächs, (Alstroemeriaceae) Cerro Naunaca, 2´870 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Für die Bestäubung der verschiedenen Pflanzen, auch Kakteen, sind verschiedene Fluginsekten verantwortlich. möglicher Bestäuber In etwas weniger steilen Gelände wandere ich durch ein kleines Trockenwaldgebiet mit hochgewachsen Akazienbäumen. Trockenwald Dann wird es wieder zunehmen trockener und zwischen den Büschen wächst vereinzelt Cleistocactus parfiflorus. Cleistocactus parfiflorus Hacienda Quivale, 2´500 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Endlich nach langem Leiden ohne Wasser stehe ich plötzlich vor einem kleinen Bachlauf mit sauberem
Wasser. Zum Glück wäscht eine Frau von der Hacienda Quivale ihre Kleider etwas weiter unten. Wäsche waschen bei der Hacienda Quivale Bei der Schule frage ich den Lehrer nach dem Weg ins Tal des Rio Grande. Er sagt, dass es schwierig
sei, den richtigen Weg zu finden. Zudem sei es gefährlich, da es kaum Wasser gibt. Nachdem er mir
erklärt hat, wie ich gehen soll, spüre ich, dass dieser Weg unmöglich der richtige sein kann.
Zufälligerweise kommt mir ein Mann mit Hund entgegen, der ein Bündel Brennholz am Rücken trägt. Er
sagt mir, dass ich auf dem falschen Weg sei und als nicht Ortskundiger sei es unmöglich, sich in diesem
Wirrwarr von kleinen Schluchten zurechtzufinden. Sein Name ist Rafael und ich frage ihn, ob er bereit sei,
mich gegen eine angemessene Bezahlung ein Stück weit zu führen, was er auf Anhieb bejaht. Es ist unerträglich
heiss und der lockere Trockenwald mit verschiedenen Kakteengattungen wie die Neoraimondia herzogiana bietet
wenig Schatten. Neoraimondia herzogiana, bewachsen mit verschiedenen Tillandsien Südlich Hacienda Rio Grande, 2´100 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Auf halbem Weg hinunter ins Tal zeigt mir Rafael auf einer Anhöhe, wie ich weitergehen soll, um zum
Rio Mojocoya zu gelangen. Er sagt, dass es dort genügend Wasser gibt. Deshalb gebe ich ihm und dem Hund
das wenige Wasser, das ich noch habe, mit auf den Weg zurück. Rafael gibt mir noch einen wichtigen Hinweis
mit auf den Weg. Er sagt, dass es auf der anderen Seite vom Rio Grande durch die Quebrada Chillcani hoch
wandernd nur eine schwer zu findende Wasserstelle gibt. Sollte ich diese jedoch nicht finden, könnte
ich möglicherweise verdursten. Das sind keine guten Nachrichten. Ich bedanke mich bei Rafael und nehme
die restlichen achthundert Höhenmeter in Angriff. Ich beeile mich so gut es geht in diesem
menschenfeindlichen und unwegsamen Gelände. Doch irgendwann liege ich völlig erschöpft, KO und
ausgetrocknet unter einem Akazienbusch. Ich kann den Rio Mojocoya sehen, wo dieser in den Rio Grande
mündet. Nicht weit weg und doch so fern. Doch dazwischen liegt noch ein zweihundert Meter hoher Hügel. Blick zum Rio Grande und Rio Mojocoya Es ist bereits am Eindunkeln, als ich nach 1500 Höhenmetern Abstieg meinen Kopf in den Rio Mojocoya
tauche und danach in einem kleinen Pool herumplansche und mich erfreue wie ein kleines Kind. Das erste
Bad seit gut einer Woche ist eine Wohltat, auch für meine schmerzenden und gebeutelten Gelenke. Mittwoch, 29. November, am Rio Mojocoya, Camp 8. Tag Hier auf nur noch 1100 Metern Höhe ist es auch nachts unangenehm warm und schwül und ich verbrachte
die meiste Zeit im Wasser. Dennoch konnte ich für einige Stunden recht gut schlafen. Über grosse Steine
wandere ich im Flussbett bis ins Mündungsgebiet des Rio Grande. Unterwegs wasche ich Kleider, plansche
im kühlen Nass und nehme genügend Wasser mit. Bei der Hacienda Rio Grande, wo der Fluss grosse Flächen an
Sand, Kies und Schlamm abgelagert hat, haben Farmer eine Früchteplantage angelegt. Es gibt vor allem Zitrusfrüchte,
Mangos und Dattelpalmen. Dann erreiche ich endlich das schlammige und braune Wasser des Rio Grande.
Zum Glück hat er wegen der anhaltenden Trockenheit nur wenig Wasser, so dass ich schon bald eine
geeignete Stelle finde für eine problemlose Überquerung. Der Rio Grande markiert auch die Grenze
zwischen den beiden Departamentos Chuquisaca und Cochabamba. Am Rio Grande Auf der anderen Seite des Flusses hat man einen schönen Überblick ins weite Tal und auf die angelegte Gemüse- und Früchteplantage Dattelpalme, (Phoenix dactylifera) Rio Grande, 1100 m, Dep. Chuquisaca, Provinz Jaime Zudañez, Bolivien Und nun bin ich gespannt, was mich auf dem Weg nach Pasorapa in dieser etwa vier Kilometer langen
Quebrada Chillcani erwartet. Gleich zu Beginn wächst zwischen den Felsen eine grosse mir unbekannte
Gruppe von Parodien, die HJ 866. An diesen kann ich genügend Samen ernten. Die in Kultur herangewachsenen
Pflanzen werden nun genauer untersucht, um festzustellen, ob es sich um eine neue Art handelt. HJ 866 Parodia spec. Quebrada Chillcani, 1´300 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien HJ 866 Parodia spec. Kulturpflanzen: Klon 2 (2x) und 3 Am selben Ort, in Felsritzungen wächst auch Parodia gibbulosa, die HJ 867. Mich überrascht es
immer wieder, wie grossräumig sich diese Pflanze verbreiten konnte. Man findet sie in den meisten
Trockentälern im südlichen Bolivien. Es kann angenommen werden, dass die sehr feinkörnigen Microsamen
durch thermische Winde verbreitet werden. HJ 867 Parodia gibbulosa Quebrada Chillcani, 1´300 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Je weiter ich in die Schlucht eindringe, desto enger wird sie und desto höher steigen die Felswände in den Himmel.
Wegen Lichtmangels gibt es im Talboden nur wenig Vegetation. Schaut man jedoch hoch in die Felsen, wachsen
zahlreiche gross wachsende stamm- oder strauchartige Kakteen. Beim Durchwandern des schmalen und schlangenartig
verlaufenden Bachbetts bekommt man oft das Gefühl, hier kann es unmöglich weitergehen. Es ist fast schon etwas
unheimlich. Es herrscht absolute Stille, nur weit oben in den Felsen hört man Papageiengezwitscher. In der Quebrada Chillcani Doch irgendwann öffnet sich die Schlucht und ich stehe in einem Garten voller Kakteen, umgeben von steilen Felsen.
Am auffälligsten ist sicherlich die Neoraimondia herzogiana mit ihrem festen, hohen Stamm und einer Verästelung,
die an einen Kronleuchter erinnert. Neoraimondia herzogiana, ältere und Jungpflanze mit abstehenden langen Dornen Quebrada Chillcani, 1´400 m Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Aber auch die Espostoa guentheri ist reich verzweigt, diese an der Basis. Erst im fortgeschrittenen Alter bilden
sich seitlich im oberen Teil der Äste ein braunes, borstenartiges Cephalium. Es ist die einzige Art, die in
Bolivien vorkommt Espostoa guentheri Quebrada Chillcani, 1´400 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Das von den Seitenschluchten herangeführte Schwemmmaterial hat teilweise ideale Flächen geschaffen, um mein Zelt
aufzubauen. Inmitten zahlreicher und verschiedener Kakteengattungen ist vor allem der strauchige und wenig
verzweigte Cereus validus auffallend, mit seinen blaugrünen Trieben. Cereus validus Quebrada Chillcani, 1´400 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien So aufregend und faszinierend es in dieser Trockenheit mit all den Kakteen auch ist, so habe ich dennoch
ein Problem. Ich habe nur noch sehr wenig Wasser, das gerade noch ausreicht für die Nacht. Den Wassertümpel,
von dem mir Rafael erzählt hat und den ich unbedingt finden muss, um hier nicht elendig zu verdursten, habe
ich noch nicht gefunden. Aber so wie ich mich erinnern kann, hat Rafael gesagt, dass die Wasserstelle im
oberen Bereich der Quebrada liegen muss. Ich habe noch genügend Zeit für einen Rundgang in dieser vielfältigen Natur. Dabei beobachte ich, dass ein
Cleistocactus spec. und Gymnocalycium pflanzii auch auf einem Balsambaumgewächs einer Bursera spec.
wachsen können. Allerdings fühlen sich diese Pflanzen am Boden in Stammnähe im Schatten wesentlich wohler.
Sie sind in den bewaldeten Trockentälern im südlichen Bolivien weit verbreitet. Die leckeren, saftig roten
Früchte dieser Pflanzen sind bei Vögeln sehr beliebt und somit werden die Samen in geeignete Gebiete verteilt. Cleistocactus spec. und Gymnocalycium pflanzii wachsen epiphytisch auf und bei einem Bursera-Baum Quebrada Chillcani, 1´400 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Donnerstag, 30. November Quebrada Chillcani, Camp 9. Tag Die Nachttemperatur war wesentlich angenehmer als die der letzten, und ich habe wie in Narkose durchgeschlafen.
Es ist noch halbwegs finster, als ich in die obere Quebrada Chillcani hineinsteige. Absolute Stille herrscht.
Doch plötzlich durchbricht ein ohrenbetäubendes Geschrei die Ruhe. Der Lärm hallt in den Felsen wider und ist
äusserst unangenehm für meine Ohren. Es sind Papageien, die weit oben in den Felsen ihre Nester haben. Ich beobachte zwei verschiedene Arten. Die einen sind grün und klein mit rotem Schnabel, während die anderen
wesentlich grösser sind und einen langen Schwanz haben. Die Flügelunterseite ist rot, ebenso wie ein Teil des
Kopfes. An der Stelle, wo sich die enge Schlucht langsam öffnet und die Lichtverhältnisse wieder besser
werden, wachsen in den steilen Felswänden, wie angeklebt verschiedene Tillandsien. Im oberen Teil der Quebrada Chillcani Tillandsia spec., Quebrada Chillcani, 1´400 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Sollten in den Bergen heftige Gewitter niedergehen, könnte es in dieser engen Schlucht schwierig werden, sich
noch rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Doch bald verlasse ich diesen faszinierenden aber auch beängstigenden
Ort und bekomme bald einen Blick in die Berge im Norden. Und plötzlich, mitten im Bachbett stehe ich vor einer
kleinen Wasserpfütze, eingerahmt mit einigen grösseren Steinen. Freude herrscht, auch wenn sich darin jede Menge
Mosquito Larven tummeln. Endlich kann ich gemütlich Frühstücken und koche die kalorienhaltige Älpler Makkaroni.
Das wenige Wasser reicht gerade aus, um meinen 4-Liter-Wassersack zu füllen und meinen höllischen Durst zu löschen.
Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich jetzt bei diesem sehr anstrengenden Aufstieg in die Berge genügend
Wasser habe. Einzige Wasserstelle in der Quebrada Chillcani Gemäss Landkarte soll der Weg hier irgendwo aus der Schlucht in die Berge führen. Es dauerte jedoch
ewig, bis ich diesen finde. Seit vielen Tagen ist der Himmel wieder einmal bewölkt und somit ideal
für den langen Aufstieg. Der Weg in die Berge führt abwechslungsweise durch felsiges wie auch bewaldetes
Gebiet und ist erstaunlich gut ausgebaut. Blick nach Süden ins Tal des Rio Grande mit Camp 6.Tag In unterschiedlichen Höhelagen beobachte ich verschiedene Pflanzen. Auf niedrigen Bäumen wachsen
Orchideen (Trichocentrum fa.) die auch in trockenen Gebieten beheimatet sind. Zwischen Sträuchern
entdecke ich unauffällig und kaum sichtbar die strauchig wachsende Pereskia diaz-romeroana, mit
aufrechten oder überhängenden Zweigen. In mehr felsigem Gelände wächst der strauchig und wenig an der
Basis verzweigte Cleistocactus parfiflorus, mit wenig sich öffnenden roten Blüten. Trichocentrum fa. Nördlich Quebrada Chillcani, 1´800 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Pereskia diaz-romeroana Nördlich Quebrada Chillcani, 1´800 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Cleistocactus parfiflorus Nördlich Quebrada Chillcani, 1´800 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Aber auch Neoraimondia herzogiana, Harrisia tetracantha, verschiedene Cereen und Gymnocalycium pflanzii
sind häufig zu sehen Zudem sind viele Bäume reichlich bewachsen mit Bromelien, Tillandsien und
Lepismium ianthothele. Dank dem, dass der Himmel den ganzen Tag bewölkt bleibt, brauche ich weniger Pausen und komme gut voran.
Trotzdem braucht es den inneren Schweinehund um noch rechtzeitig vor Dunkelheit auf das 1500 m höher gelegene
Grasland zu gelangen. Am späteren Nachmittag erreiche ich die Estancia Monte Grande und kurze Zeit später die Estancia Sarcitus.
Bei der Schule fülle ich meine Wasserreserven auf und steige weiter hoch auf einen Gebirgskamm (Churu Loma).
Hier oben ist es ideal zum Campen und man hat eine wunderschöne Rundumsicht in die Berge. Churu Loma, Blick nach Norden und Osten, Camp 10 Tag Freitag, 1. Dezember Churu Loma, Camp 10. Tag Seitdem ich letzten Samstag bei Alejandro, dem Lehrer von der Estancia Lampazar, übernachtet habe,
beissen mich immer wieder Bettwanzen in meinem Schlafsack. In dieser Nacht war es besonders schlimm.
Ich vermute, dass sich die Biester zwischenzeitlich vermehrt haben. Immer auf etwa gleicher Höhe Wandere ich weiter nach Norden. Dabei mache ich kleine Abstecher auf die
beidseits gelegenen, spärlich mit Gras bewachsenen Hügel. Ich wollte unbedingt erfahren, ob sich die
auf der Südseite des Rio Grande vorkommenden Sulcorebutien sich auch auf die Nordseite des Flusses
verbreiten konnten. Obwohl die Höhenlage und auch das Gelände ideal ist für Sulcorebutien, entdecke
ich lediglich einen kleinen Standort von Aylostera fiebrigii. HJ 868 Aylostera fiebrigii fa. Estancia Sauces, 2´600 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Da es dort, oberhalb der Estancia Sauces, ideale Campmöglichkeiten gibt und ich mit Durchfall zu kämpfen
habe, entscheide ich die Nacht hier zu verbringen. Obwohl ziemlich ausgelaugt, steige ich noch ein Stück
weit hoch zum Cerro Iscay Mokho in der Hoffnung doch noch Sulcos zu finden, jedoch ohne Erfolg. Es kann
somit angenommen werden, dass zumindest in dieser Region, nördlich des Rio Grande es keine vorkommen
von Sulcorebutien gibt. Samstag, 2 Dezember, oberhalb Estancia Sauces, Camp 11. Tag Trotz Imodium hat sich mein Durchfall wenig beruhigt, und ich verbrachte die meiste Zeit unter freiem
Himmel. Nach einer warmen Suppe und etwas wackelig auf den Beinen mache ich mich auf den Weg weiter
nach Norden. Immerhin ist es heute nicht mehr so kalt und windig, und die Sonne zeigt sich ab und zu
zwischen den Wolken. Schon bald erreiche ich die Estancia Seivas, wo es überraschenderweise eine Strasse
gibt, die auf der Karte nicht eingezeichnet ist. Die Leute im Dorf sagen, dass diese nach Passorapa führt. Estancia Seivas Jeder andere Mensch wäre Glücklich darüber, endlich wieder auf einer befahrbaren Strasse zu sein, ich
jedoch überhaupt nicht. Es ist langweilig, und man läuft zusätzliche Kilometer. Zudem hat man einen
schlechten Überblick aufs Feld, wo möglicherweise Kakteen wachsen. Etwas lustlos quäle ich mich auf der
Landstrasse in Richtung Pass, als mir plötzlich ein Bus entgegenkommt. Ich halte diesen auf und frage
den Fahrer, wann er wieder zurückfahren würde nach Passorapa. Am späten Nachmittag sagt er und fährt weiter. Nach 12 km auf der Landstrasse, gequält von der stechenden heissen Sonne, erreiche ich erneut einen
Pass mit Blick ins weite Tal von Passorapa. Ich beabsichtige hier auf den Bus zu warten, der mich,
so hoffe ich nach Passorapa bringt. Ich nutze diese Zeit und mache mich auf die Suche nach Kakteen
in dieser Felsigen, mit Büschen versehenen Landschaft. Es dauert nicht lange, und ich entdecke zu meiner Überraschung Kakteen, die ich nicht erwartet hätte.
Es sind Weingartien pulquinensis. Die ausgetrockneten Pflanzen sind im offenen Gelände gut getarnt
und deshalb kaum sichtbar. HJ 869 Weingartia pulquinensis Cerro Mesa Verde, östlich Estancia Tabacal, 2550 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien HJ 869 Weingartia pulquinensis Kulturpflanzen: Klon 1 und 3 Es ist schon ziemlich spät geworden, als ich Motorengeräusche höre. Es ist der Bus, der mich die letzten
10 km bis nach Pasorapa bringt. Nach einer langen Durstphase stürze ich mich als erstes in ein Restaurant
und geniesse das lang ersehnte Bier und bestelle gleich noch ein ganzes Hühnchen. Das Zimmer in der Pensión
nebenan ist OK, doch wegen der Gefahr von Bettwanzen bevorzuge ich im Schlafsack am Boden zu schlafen. Pasorapa Die letzten Tage haben mich sehr strapaziert, und ich mache mir Gedanken, wie es morgen weitergehen soll.
Da ich seit dem Verlassen des Rio Grande keine Sulcorebutien mehr gefunden habe, stellt sich die Frage,
ob ich die geplante Route nach Vallegrande fortsetzen soll. Doch auch wenn es in diesem weitgehend noch
unberührten und zerklüfteten Gebiet keine weiteren Vorkommen von Sulcorebutien mehr geben sollte, so ist
dieses Vorhaben sicherlich spannend mit vielen Abenteuern und Überraschungen. Sonntag, 3. Dezember, Pasorapa, 12. Tag Herlich, endlich wieder einmal unter einer warmen Dusche zu stehen. Ich frühstücke gemütlich und der Besitzer
der Pensión, er heisst Antonio, setzt sich zu mir. Er sagt, er hätte viele Jahre im Bundesstaat Virginia
in den USA gearbeitet. Da wir auch regelmässig in die USA reisen, gibt es viel zu erzählen. Danach kommt
bereits der Höhepunkt des Tages. Seit langem gibt es wieder eine Möglichkeit, mit Dora zu telefonieren.
Alles ist in Ordnung. Auf der Strasse sehe ich, dass ein Mann Schuhe repariert. Ich frage ihn ob er auch
so schwere Schuhe reparieren kann, und zeige ihm, wie ich vor gut einer Woche die Sole am rechten Schuh
provisorisch repariert habe. "Sicher", sagt der Mann und macht sich gleich an die Arbeit. Er hat das wirklich
professionell gemacht. Aber auch ich bin stolz, dass meine Reparatur so lange gehalten hat. Ich kaufe noch Brot für die nächsten Tage, fülle den Wassersack und wandere auf der Landstrasse in Richtung
Osten nach Capilla San Marcos. Bereits ausserhalb des Dorfes auf einer weiten Ebene wachsen ganze Wälder
von Neoraimondia herzogiana. Diese baumförmig und kandelaberartig wachsenden Kakteen mit einem
dicken Stamm können bis zu 15 m hoch werden. Obwohl die Blütezeit dieser mächtigen Pflanzen meist schon
vorüber ist, gibt es noch welche mit Blüten. Neoraimondia herzogiana Region Pasorapa, 2200 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Kurz vor Capilla San Marcos, vorbei an der ausgetrockneten Laguna Thajra, entdecke ich in buschigem Gelände
Kakteen, die ich später in den Formenkreis der Lobivia obrepanda einordnen konnte. HJ 870 Lobivia obrepanda (Lobivia pojoensis var. grandiflora) Kulturpflanzen: Klon 1 und 2 Capilla San Marcos, östlich Pasorapa, 2´566 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Am gleichen Ort im steinigen, trockenen Boden wächst eine mir bekannte Pflanze mit frischgrünen,
krautstielartigen, grossen Blättern und einem becherartigen Blütenstand. Es handelt sich um eine
Synandrospadix vermitoxicus, die zur Familie der Aronstabgewächse gehört und die einzige Art
ist, aus der die Gattung besteht. Synandrospadix vermitoxicus, Aronstabgewächs, (Familie Araceae), Capilla San Marcos, östlich Pasorapa, 2´566 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Es ist früh am Nachmittag, die Sonne brennt gnadenlos, als ich von Capilla San Marcos auf die Loma Grande
aufsteige. Ich hatte gehofft, irgendwo noch Wasser zu finden, doch die Landschaft ist völlig ausgetrocknet.
Der Durst quält mich und ich muss sparsam mit dem wenigen Wasser umgehen. Beim Abstieg im lockeren Wald
gibt es ideale Campmöglichkeiten im Schatten. Ich nutze die Gelegenheit, um nicht länger in der Sonne
auszutrocknen. Montag, 4. Dezember, östlich von Capilla San Marcos, Camp 13. Tag Mitten in der Nacht bekam ich Zahnschmerzen, vermutlich ausgelöst durch die starken Winde vom Vortag.
Nach einer Schmerztablette waren diese jedoch schnell verschwunden und ich konnte gut schlafen. Ich bin froh, ist es heute Morgen stark bewölkt. Nach einer warmen Suppe mache ich mich auf den Weg nach
Osten in Richtung Hacienda Toyota Alta. Dort gäbe es sicher Wasser, doch mein Weg führt weit oberhalb
der Siedlung vorbei. Ich hoffe nun am Rio Loco-Loco Wasser zu finden, doch dieser ist noch mehrere
Kilometer weit entfernt. Oberhalb der Hacienda Toyota Alta gibt es ein markantes Felsengebirge mit
wenig Vegetation. Zwischen Sandsteinfelsen gibt es kleine Flächen, die mit Sand gefüllt sind. Auch der
Weg führt immer wieder durch solche sandigen Stellen. Ich dachte, hier könnten eigentlich auch Sulcorebutien
wachsen. Kurz nach diesem Gedanken stand doch tatsächlich eine Gruppe von Sulcorebutien mitten im Weg,
die HJ 871, was für eine Überraschung. Wie sich später herausstellte, ist es eine Form von
Sulcorebutia cardenasiana, deren Verbreitungsgebiete vor allem westlich von Pasorapa zu finden sind.
Obwohl mich mein Durst bis ins unerträgliche quält verbringe ich lange Zeit an diesem Standort. HJ 871 Sulcorebutia cardenasiana fa. Hacienda Toyota Alta, östlich Pasorapa, 2´300 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien HJ 871 Sulcorebutia cardenasiana fa. Kulturpflanzen: Klon 2 (2x), 3, 4 (3x), 5, 6, 10, 11 und 13 (2x) Ich bin jetzt wieder motiviert mehr Ausschau zu halten nach diesen Kleinoden. Ich beeile mich so gut das
eben geht auf diesem schmalen Weg, um endlich zum Rio Loco-Loco zu kommen. Doch kaum bin ich etwas höher
gestiegen entdecke ich erneut eine Population von Sulcorebutia cardenasiana, die HJ 872. Es sind
keine grösseren Unterschiede zu der Letzt gefundenen zu erkennen. HJ 872 Sulcorebutia cardenasiana fa. Hacienda Toyota Alta, östlich Pasorapa, 2´360 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien HJ 872 Sulcorebutia cardenasiana fa. Kulturpflanzen: Klon 3 Endlich erreiche ich den Rio Loco-Loco. Doch statt fliessendem Wasser finde ich nur einige Wasserlöcher,
die mit Mückenlarven gefüllt sind. Ich koche das Wasser ab und nutze es, um eine warme Suppe zuzubereiten.
Es ist genug Wasser vorhanden, um auch ein erfrischendes Bad zu nehmen. Weiter führt der Weg steil bergauf zum Cerro Honduras und danach wieder steil bergab in eine Schlucht.
An manchen Stellen ist der Weg von Sträuchern zugewachsen, weshalb ich nur noch kriechend vorwärtskomme.
Ich dachte, ich sei auf dem falschen Weg, aber es gibt nur diesen. Ich vermute, dass dieser Weg für
Einheimische keine grosse Bedeutung mehr hat und deshalb kaum noch benutzt wird. Obwohl mich die
wilde Natur schon genug strapaziert, gerate ich noch in ein starkes Gewitter Ich war erleichtert, als ich endlich nach diesen Strapazen wieder mehr offenes Gelände erreichte.
Schon bald finde ich einen idealen Platz für die Nacht, und es gibt ganz in der Nähe am Rio del Tulo
auch fliessendes Wasser. Am Rio del Tulo, Camp 14. Tag Bei einem Rundgang entdecke ich ein Pflanzengewächs aus der Familie der Amaryllisgewächse (Hippeastrum mollevillquense).
Sie ist in Bolivien heimisch und wächst als Zwiebelgewächs hauptsächlich in den subtropischen Biomen. Hippeastrum mollevillquense, (Amaryllidaceae) Rio del Tulo, 2´200 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Dienstag, 5. Dezember, am Rio del Tulo, Camp 14. Tag Als ich meinen Kopf aus dem Zelt strecke, herrscht eine düstere, wolkenverhangene Stimmung. Trotzdem mache
ich mich frühzeitig auf den Weg entlang des Rio Tulo und später in steilem Gelände wieder hoch auf einen
Gebirgskamm. Das Klima hier ist wesentlich feuchter und die knorrigen Akazienbäume sind bewachsen mit
Tillandsien, Orchideen und Lepismium ianthothele. Anfänglich ist der Weg oben auf dem grasbewachsenen
Berg meist noch gut sichtbar. Doch später gibt es kaum noch sichtbare Spuren und irgendwann kann ich keinen
Weg mehr finden. Zudem hat Regen eingesetzt und ich stecke in den Wolken, ohne jegliche Fernsicht. Gemäss
der Landkarte muss ich weiter dem Gebirgskamm folgen, um auf den Weg zu gelangen, der zur Estancia las
Cuevas führt. Doch der Regen wurde immer heftiger und ich bin völlig durchnässt und erschöpft. Deshalb
baue ich bei der nächsten besten Gelegenheit das Zelt auf. Ich habe jedoch kein Wasser mehr. Zum Glück
gibt es wegen des starken Regens genügend Wasserpfützen. Mittwoch, 6. Dezember, am Cerro Chacras, Camp 15. Tag Es hat die ganze Nacht weiter geregnet und ich war meist damit beschäftigt, meinen Schlafsack
vom vielen Wasser trocken zu halten. Trotzdem ist er nass geworden, ebenso wie vieles in meinem
Rucksack. Ich bin jedoch froh, dass es jetzt aufgehört hat zu regnen und die Luft wieder klar ist. Blick ins Tal des Rio Mizque Immer wieder denke ich, den richtigen Weg gefunden zu haben, der hinunter zum Rio Mizque führt, aber
dann endet er wieder im Nichts oder ich stehe vor einer unbewohnten Hausruine. Als ich im steilen
bewaldeten Gebiet wieder Hoffnung hatte, auf dem richtigen Weg zu sein, werde ich immer wieder durch
dichtes, stacheliges Akazien-Gestrüpp gedemütigt. Meine Arme und Beine sind völlig zerkratzt, dazu
kommen noch Schweissausbrüche wegen des feuchtheissen Klimas. Ich gebe jedoch nicht auf und kämpfe
mich weiter am Steilhang entlang. Plötzlich stehe ich doch tatsächlich auf einem gut sichtbaren Weg.
Ich vermute, dass ich gestern wegen des schlechten Wetters vom Weg abgekommen bin. Der nächste Abschnitt führt ins Tal durch einen Trockenwald mit verschiedenen Cereus-Kakteen und
knorrigen Akazien, die mit verschiedenen Epiphyten bewachsen sind. Obwohl ich unter quälendem Durst leide,
verbringe ich viel Zeit damit, Fotos zu machen. Auf den ausladenden Ästen wachsen vor allem Tillandsien,
Orchideen, Lepismium ianthothele, verschiedene Moose und Flechten. Cereus-Kakteen und Verschiedene Epiphyten Pflanzen im Trockenwald Trichocentrum fa. Cerro Chacras, 1´700 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Rhipsalis spec. Cerro Chacras, 1´700 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Echinopsis thelegona Cerro Chacras, 1´700 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien Nach einem Abstieg von 600 Metern führt der Weg in eine kleine Schlucht. Ich war überglücklich, als
ich ein kleines Rinnsal mit frischem Quellwasser entdeckte. An dieser Stelle gibt es eine Weggabelung.
Der eine Pfad führt nach Saipina im Norden, während ich hoffe, dass der andere Pfad mich nach Süden zur
Estancia Sepos führt. Plötzlich stand ich jedoch einer Familie mit drei Pferden und einem jungen Mann mit
Rucksack gegenüber. Die Familie hatte Mais gegen Kartoffeln getauscht und ist auf dem Weg zurück zur Estancia
Sepos, wo sie wohnen. Der junge Mann mit dem Rucksack, Eduardo, wohnt irgendwo am Rio Misque und ist auf dem
Heimweg. Ich erzähle ihm, dass ich ebenfalls zum Rio Misque wolle und von dort aus weiter zum Rio Pulquina.
Eduardo warnte mich jedoch, dass der Weg von der Estancia Sepos bis zum Rio Misque in sehr schlechtem Zustand
sei und ich mich vermutlich verlaufen würde. Deshalb bot er mir an, mich so weit zu begleiten, bis der Weg
wieder besser würde. Ich war sehr froh und dankbar für dieses Angebot, denn ich wollte sowas wie heute
Morgen nicht noch einmal erleben. Auch der Familienvater bot mir seine Hilfe an und schlug vor, dass
ein Pferd den Rucksack bis zur Estancia Sepos tragen könne. Es sind wirklich hilfsbereite und freundliche
Menschen. Indio Familie die mich ein Stück weit begleiten Als wir die Estancia Sepos erreichen, ist es bereits Nachmittag. Ich bedankte mich bei der Familie und
honorierte sie angemessen. Doch danach, wie Eduardo schon gesagt hatte, ist der Weg vielerorts völlig
zugewachsen und nur noch schwer zu erkennen. Eduardo lief wie ein Wiesel durch die buschige Landschaft,
so dass ich mit dem schweren Rucksack Mühe hatte, Schritt zu halten. Dazu kommt, dass ich mit dem Rucksack
in den dornigen Büschen und Kakteen immer wieder hängen bleibe. Doch Pause machen ist nicht möglich, weil
Eduardo sagte, er hätte noch einen sehr langen Weg vor sich und möchte noch vor Dunkelheit zu Hause sein.
Doch dann, es war schon spät geworden, stand Eduardo auf einem Hügel und sagte, er müsse von hier weiter
nach Norden und zeigte mir meinen Weg nach Osten. Es sei der einzige und führe direkt ins Mündungsgebiet
Rio Mizque - Rio Pulquina. Völlig erschöpft bedanke ich mich bei Eduardo und Suche nach einem Platz für
die Nacht. Der einzige flache Ort, den ich finden kann, ist mit verschiedenen Kakteenarten bewachsen,
die ich teilweise beiseite räumen muss, um das Zelt aufzubauen. Es war viel Arbeit, aber wer hat schon
so viele Kakteen direkt vor der Haustüre? Östlich Cerro Chacras, Camp 16. Tag Donnerstag, 7. Dezember, östlich Cerro Chacras, Camp 16. Tag Heute ist ein strahlend schöner Tag und ich nutze die kühlen Morgenstunden, um die schöne Landschaft im
klaren Sonnenlicht zu geniessen. Bereits gibt es die erste Überraschung: Zwischen dichtem Puya-Gestrüpp wachsen Parodien, die mich mit einer Körpergrösse von bis zu 50 cm erstaunen lassen.
Spätere Abklärungen haben gezeigt, dass es sich um eine bekannte Art handelt, Parodia columnaris. HJ 874 Parodia columnaris Mündungsgebiet Rio Pulquina-Rio Mizque, 1´500 m, Dep. Cochabamba, Provinz Campero, Bolivien HJ 874 Parodia columnaris Kulturpflanzen: Klon 1 In einer bewaldeten Schlucht wandere ich bis zum Rio Mizque. Die absolute Stille wird immer wieder von
lautem Papageiengeschrei unterbrochen. Diese grünen Vögel sind in grossen Schwärmen unterwegs und lassen
sich auf Bäumen nieder, um reife Samen zu fressen. Am Rio Mizque treffe ich einen alten Mann mit drei
Hunden. Er sagt, dass es nach den heftigen Niederschlägen vor zwei Tagen wieder möglich ist, den Fluss
zu überqueren. Er wohnt auf der anderen Seite des Flusses bei der Estancia Las Juntas und ich könne
ihm bei der Durchquerung folgen. Das Wasser war nicht nur tief, sondern auch trüb, und die Steine
waren glitschig, was es schwierig machte, das Gleichgewicht zu halten. Der Rio Mizque markiert auch die Grenze zwischen den beiden Departamentos Cochabamba und Santa Cruz. Am Rio Mizque, Nähe Estancia Juntas Bei der nahe gelegenen Estancia Juntas führt mein Weg durch Tomatenfelder und Bananenplantagen. Ein
Junge von der Farm führt mich durch diese kleine Oase bis hin zum Rio Pulquina, den ich überqueren
muss. Ich bin überrascht über das viele Wasser im Fluss. Ohne grössere Probleme gelange ich ans andere
Ufer und bin schon wieder überrascht, als ich plötzlich auf einer befahrbaren Strasse stehe, die auf
der Karte nicht eingezeichnet ist. Drei Männer reparieren die Strasse mit Baumstämmen, die durch
starke Regenfälle arg unterspült wurde. Ich frage nach dem Weg in Richtung Moromoro. Sie empfehlen
mir, der Strasse nach Pulquina für etwa 10 km zu folgen und bei der Strassen Gabelung den Fussweg
nach Süden zu nehmen. Auf der Strasse entlang des Rio Pulquina Es ist Nachmittag, die Sonne steht senkrecht am tiefblauen Himmel und es ist unerträglich heiss. An
einer Flussbiegung mit schönem Pool und kleinem Sandstrand kann ich der Verlockung nicht widerstehen
und nehme seit langem wieder ein richtiges Vollbad. Danach wasche ich meine Kleider und hänge sie an
die Büsche, bevor ich eine lange Siesta mache. Ich entdecke in der Nähe einen idealen Ort zum Campieren
und beschliesse, die Nacht hier zu verbringen. Bei einem Rundgang durch eine buschige und felsige Landschaft mache ich eine schöne Entdeckung: eine
mir unbekannte Opuntia. Sie wachsen strauchig mit schlanken Triebsegmenten. Nachforschungen haben
gezeigt, dass es sich um eine Form von Opuntia conjugens handelt. Opuntia conjugens fa. Rio Pulquina, 1´300 m, Dep. Santa Cruz, Provinz Vallegrande, Bolivien Freitag, 8. Dezember, am Rio Pulquina, Camp 17. Tag Es war eine klare, angenehme und helle Mondnacht. Die Sterne leuchteten immer noch grell am Himmel,
als ich dem Rio Pulquina weiter folge. Am frühen Morgen erreiche ich den Ort, an dem die Strasse nach
Norden nach Pulquina führt. Gerade als ich ankam, querte ein Lastwagen den Fluss. Eine andere Strasse
führt in Richtung Moromoro. Ich frage die Bewohner der nahegelegenen Estancia nach dem Fussweg nach
Moromoro. Ein junger Mann zeigte mit ausgestrecktem Arm die Richtung, in der ich ihn finden kann. Er
sagte jedoch auch, dass der Weg immer wieder auf die Fahrstrasse mündet. Am Rio Pulquina Ich bin etwas frustriert, die meiste Zeit wieder auf einer Landstrasse laufen zu müssen. Ich will heute
noch auf den tausend Meter höher gelegenen Gebirgszug steigen, der nach Süden bis nach Moromoro reicht.
Abwechslungsweise, einmal auf dem Fussweg, dann wieder auf der Strasse quäle ich mich schweissgebadet
an der prallen Sonne langsam den Berg hoch. Im steilen bewaldetet Gelände strecken Kandelaberkakteen
ihre Äste in den Himmel. Diese beeindruckend grossen Pflanzen faszinieren mich immer wieder. Anfänglich
in tiefen Lagen sind es Neoraimondia herzogiana und später verschiedene Cereen und Echinopseen Arten. Verschiedene Kandelaberkakteen, Aufstieg vom Rio Pulquina zum Cerro Cejas Ich habe den Cerro Cejas noch nicht erreicht und der Wassersack ist seit langem leergetrunken. Mein Durst
ist unerträglich. Oben angelangt, führt die Strasse immer etwa auf gleicher Höhe weiter nach Süden. Auf
dem Cerro Cejas auf 2400 m mache ich kurze Abstecher ins grasbewachsene Gelände, um nach Sulcorebutien und
anderen Kakteen zu suchen, vor allem aber nach Wasser. Ich kann kaum noch schlucken. Irgendwann auf der
Strasse gibt es eine braune Pfütze, die mit Mückenlarven gefüllt ist. Ich muss mich entscheiden: Entweder
ich trinke das Wasser und komme wieder zu Kräften oder ich quäle mich in diesem Zustand weiter in der
Hoffnung, doch noch Wasser zu finden. Ich entscheide mich, das Wasser zu trinken und lasse es durch
mein T-Shirt fliessen, um wenigstens den allerersten Schmutz zu entfernen. Das hat das Wasser etwas
flüssiger gemacht. Auch wenn es scheusslich geschmeckt hat, so konnte ich doch wenigstens wieder schlucken.
Ich nehme trotzdem genügend Wasser mit um dieses später abzukochen. Ich folge weiterhin diesem Gebirgskamm von einem Berggipfel zum anderen. Immer mehr Wolken ziehen auf
und mancherorts gehen Gewitter nieder. Das Klima ist jetzt angenehm, und ich komme gut voran, obwohl
ich Muskelschmerzen in den Beinen habe. Nach etwa 9 km erreiche ich den Cerro Buena Vista, wo ich in
felsigem Gelände eine Aylostera entdecke, die HJ 875. Von hier aus hat man einen schönen Blick nach
Westen ins Tal des Rio Mizque, von wo ich hergekommen bin. HJ 875 Aylostera fiebrigii fa. Kulturpflanzen: Klon 1 Cerro Buena Vista, 2´600 m, nordwestlich von Moro Moro, Dep. Santa Cruz, Provinz Vallegrande, Blick nach Westen, Bolivien In der Nähe gibt es gute Möglichkeiten zum Campen. Leider habe ich kein frisches Wasser mehr gefunden. Aber
wenn man genügend Süssstoff in das mitgenommene, braune und stinkende Teewasser gibt, schmeckt auch dieses. Samstag, 9. Dezember, am Cerro Buena Vista, Camp 18. Tag Früh am Morgen weckte mich leichter Nieselregen. Ich dachte, was für ein Segen, und döste weiter vor mich hin.
Doch der Regen wurde immer stärker, und weil mein Zelt an einer leichten Hanglage stand, floss immer mehr Wasser
an mein Zelt. Ich versuchte, dieses wegzuleiten, was mir anfänglich auch gut gelang. Doch dann regnete es
sinnflutartig, und schon bald stand ich unter Wasser. Kniend versuchte ich, das Wichtigste von meinem Gepäck
einigermassen trocken zu halten. Gleichzeitig sammelte ich das lang ersehnte Wasser, das vom Zelt herunter
rieselte, und kochte mir eine Suppe und Tee für den heutigen Tag. Das Ganze ist also nicht nur eine kleine
Tragödie mit der man immer wieder rechnen muss, sondern auch ein Segen. Ich setze meine Wanderung mit nassem und schwerem Gepäck fort und bewege mich in Richtung Moromoro.
Schon bald erreiche ich ein felsiges Gebiet, das sich von der vorherigen Landschaft unterscheidet. Es besteht
aus Sandsteinfelsen mit unterschiedlicher Härte, wodurch bizarre Formen entstanden sind. Darin entdecke ich Pflanzen,
die ich auf diesem langen Gebirgszug noch nicht gesehen habe, darunter auch eine Form von Weingartia pulquinensis. HJ 876 Weingartia pulquinensis fa. 6 km nordwestlich von Moromoro, 2´425, Dep. Santa Cruz, Provinz Vallegrande, Bolivien HJ 876 Weingartia pulquinensis fa. Kulturpflanzen: Klon 1, 2, 3, 4, 10 (2x) und 15 Ebenfalls wächst ein Orchideengewächs aus der Gattung Trichocentrum, das mir bereits bekannt ist.
Es ist vergesellschaftet mit Puya humilis, Lepismium ianthothele und eine mir unbekannten Echeveria. Trichocentrum fa. 6 km nordwestlich von Moromoro, 2´425, Dep. Santa Cruz, Provinz Vallegrande, Bolivien Echeveria spec. 6 km nordwestlich von Moromoro, 2´425, Dep. Santa Cruz, Provinz Vallegrande, Bolivien Der Weg führt vermehrt an Bauernhöfen und Pflanzfeldern vorbei, und es gibt kaum noch Interessantes zu entdecken.
Schliesslich kommt ein Lastwagen vorbei, der mich bis Moromoro mitnimmt. Als ich mitten im Dorf auf der Strasse
stehe und etwas verloren wirke, kommt mir ein junger weisser Mann entgegen. Er ist überrascht, hier abseits der
Zivilisation einen Artgenossen zu treffen. Sein Name ist Johan, er kommt aus den USA und macht als Volontär ein
Praktikum in einer christlichen Organisation, wo er Englisch unterrichtet. Als ich ihn frage, ob es hier eine
Unterkunft gibt, sagt er sofort, dass es genug Platz bei ihnen gäbe. Es gibt also auch in der Zivilisation
immer wieder angenehme Überraschungen. Moromoro Johan führt mich in ein kleines Spital, wo die Organisation ebenfalls tätig ist, und stellt mich Camilla vor,
einer bolivianischen jungen Ärztin, die auch gut Englisch spricht. Nach einem kurzen Kennenlernen zeigt mir
Johan im Nebengebäude mein grosszügig eingerichtetes Zimmer. Dort gibt es auch genügend Platz, um meine nassen
Sachen zu trocknen. Am Abend kochen wir gemeinsam und plaudern bis spät in die Nacht. Es gibt ja auch viel zu
erzählen. Sonntag, 10. Dezember, Moromoro Es regnet wieder heftig, trotzdem packe ich meine Sachen zusammen. Drüben im Spital sagt Camilla, dass es
eine warme Dusche gibt - was für eine Freude. Danach frühstücken wir gemeinsam und erzählen Geschichten.
Camilla erwähnt, dass es ein Telefon im Dorf gibt, aber die Verbindung oft gestört ist. Ich versuche es
trotzdem und habe Glück. Zuhause ist alles bestens, und Dora ist erleichtert zu hören, dass es mir gut
geht. Es ist Nachmittag geworden, und es regnet immer noch, also entscheide ich mich, eine weitere Nacht
zu bleiben. Wie schon gestern, kochen wir wieder gemeinsam und plaudern über Gott und die Welt. Montag, 11. Dezember, Moromoro Das schöne Wetter lockte mich früh aus dem Bett. Nach einem Frühstück mit Johan und Camilla und einem Dankeschön
für ihre Gastfreundschaft mache ich mich auf den Weg. Ausserhalb des Dorfes beim Friedhof nehme ich den Fussweg
in Richtung Estancia Khomer Loma. Das Gelände wurde immer wieder von kleinen Tälern unterbrochen, die grösstenteils
mit Wäldern und üppigem Begleitwuchs bedeckt waren, was zeigt, dass das Klima hier wesentlich feuchter ist. Auf
den Bergkuppen, die mit Gras bewachsen sind, wachsen Echinopseen, jedoch keine Sulcorebutien. Auf dem Weg von Moromoro nach Vallegrande Nach etwa 10 Kilometern erreiche ich eine Strasse, die vom Mündungsgebiet des Rio Misque - Rio Grande
nach Vallegrande führt. Schon bald kommt ein Lastwagen in meine Richtung gefahren. Ich bin unschlüssig,
ob ich ihn anhalten und mitfahren soll, doch dann ist er bereits an mir vorbeigefahren. Im Nachhinein
wäre ich lieber mitgefahren, denn hier gibt es kaum Neues zu entdecken. Zudem gehen in der Nähe kräftige
Gewitter nieder, und schon bald fängt es auch bei mir an zu regnen. Doch kurze Zeit später sehe ich, dass
derselbe Lastwagen vor einer Estancia steht, wo Schweine aufgeladen werden. Der Fahrer versichert mir, dass
genug Platz zum Mitfahren vorhanden ist. Nachdem die beiden Schweine endlich auf die Ladebrücke gehievt und
angebunden sind, setzen wir unsere Fahrt fort. Hinten auf der Ladefläche befinden sich Kisten mit Wassermelonen,
die am Rio Grande geerntet wurden. Die Strasse ist in sehr schlechtem Zustand, und die wenigen Menschen klammern
sich am Geländer fest. Schon bald kippt eine der Melonenkisten auf die noch freie Ladefläche. Einige Melonen
platzen dabei, rollen umher oder werden von den Schweinen zertrampelt. Jedermann an Bord bedient sich an
diesen saftigen Früchten, und auch ich lasse mir diese Köstlichkeit nicht entgehen. Völlig durchnässt
erreichen wir am späteren Nachmittag Vallegrande. Im Hotel Vallegrande in der Nähe der Bushaltestelle nehme ich erst einmal eine warme Dusche und mache
mir Gedanken, wie es morgen weitergehen soll. Ich habe noch drei Tage Zeit, um weiter nach Kakteen zu suchen,
doch ich frage mich, wo ich noch hingehen soll. Hier in der weiteren Umgebung wurde die Sulcorebutia langeri
gefunden, doch der genaue Standort ist mir nicht bekannt. Ich werde jetzt erst einmal etwas Gutes essen
gehen und darüber schlafen. Vallegrande Dienstag, 12. Dezember, Vallegrande Obwohl ich lange und gut geschlafen habe, fühle ich mich gerädert und ausgebrannt. Das ist jedoch nicht
verwunderlich, nachdem ich drei Wochen in der Wildnis verbracht habe. Trotzdem beabsichtige ich heute,
in der näheren Umgebung noch einmal nach Sulcorebutien zu suchen. Zuerst erkundige ich mich jedoch,
wann morgen die Busse nach Santa Cruz fahren Mit wenig Gepäck mache ich mich auf den Weg zum Cerro Los Picachos, der westlich der Ortschaft liegt.
Ich folge der Strasse nach Estancia Rodeo, verlasse diese später und wandere hoch bis zum Gipfel.
In dem buschigen und felsigen Gelände suche ich allerdings vergeblich nach diesen Kleinoden.
Zumindest hat man von hier oben einen schönen Ausblick auf Vallegrande. Vallegrande, Blick vom Cerro Picachos Auf dem Berg wandere ich noch ein Stück weiter nach Westen und später zurück auf die Landstrasse. Da es
wieder angefangen hat zu regnen, mache ich mich auf den Weg zurück ins Dorf. Zum Glück habe ich meinen
Regenponcho rechtzeitig über meinen Körper gestülpt, denn kurz danach bricht die Sintflut aus, so wie
ich es selten erlebt habe. Von den Berghängen stürzen reissende Bäche nieder direkt auf die Strasse,
die sich im Nu in einen reissenden kleinen Fluss verwandelt. Ich flüchte auf eine Anhöhe, um nicht
weggespült zu werden. Mancherorts wird die Strassenböschung weggetragen und grosse Steine kollern in der
Strömung. Frierend und völlig durchnässt stehe ich da wie eine Vogelscheuche und warte auf bessere Zeiten.
Es dauert ewig, bis sich die Lage etwas beruhigt hat und ich auf der Strasse wieder gehen konnte. Auf der Strasse Vallegrande - Estancia Rodeo Dieses Ereignis zeigt, dass die Regenzeit begonnen hat und es an der Zeit ist, meine Reise zu beenden.
Jetzt freue ich mich im Hotel auf eine warme Dusche und danach gemütlich was essen zu gehen. Jetzt ist auch die Zeit gekommen, über die Erkenntnisse und das Erlebte meiner dreiwöchigen Wanderung
von Zudañez nach Vallegrande nachzudenken. Bezüglich der Verbreitungsgebiete von Sulcorebutien gibt
es nichts zu berichten, was nicht schon bekannt ist. Der geografische Grossraum von Sucre, dazu gehört
auch der Abschnitt meiner Wanderung von Zudañez nach Norden bis zum Rio Grande, ist vor allem beheimatet
von verschiedenen Formen der Sulcorebutia canigueralii. Diese konnten sich nicht weiter nach Norden über
das weite Tal des Rio Grande verbreiten. Die Pflanzen im Randgebiet in der Region von Pasorapa, die ich gefunden
habe (Sulcorebutia cardenasiana), stammen ursprünglich aus dem Verbreitungsgebiet im Grossraum von
Aiquile und entlang des Rio Caine. Doch nicht nur die Vielfalt der Kakteen faszinieren mich immer wieder, sondern auch das Abenteuer in
unberührten abgelegenen Bergregionen und die Bescheidenheit der Menschen. Dienstag, 12. Dezember, Vallegrande Mein Bus nach Santa Cruz Es ist früh am Morgen und ich bin in einem klapprigen Bus auf dem Weg nach Santa Cruz. Der Bus fährt langsam
durch die hügelige bewaldete Landschaft, da die Strasse mit zahlreichen mit Wasser gefüllten Schlaglöchern
übersät ist. In Samaipata machen wir kurz Halt. Einige Passagiere stürzen sich ins Restaurant, um etwas
zu essen, während andere im Bus bleiben. Ich bin zufrieden mit einigen Bananen. Nach sieben Stunden Fahrt
in stinkender Luft erreichen wir Santa Cruz. Gleich neben dem Busbahnhof beziehe ich mein Zimmer im Hotel
Españia. Meine etwas verwahrloste Erscheinung und die schweren Bergschuhe sind hier in der Grossstadt
nicht gerade salonfähig. Deshalb fährt mich ein Taxi zum Kleidermarkt, wo ich mich neu einkleide. Auch ein
Haarschnitt und eine Rasur sind dringend nötig. Donnerstag, 14. Dezember, Santa Cruz Ich entschied mich, nicht nach La Paz zurückzukehren, sondern direkt von Santa Cruz nach Hause zu fliegen.
Ich rief Walter in La Paz an und bat ihn, mein zurückgelassenes Gepäck bei seiner nächsten Reise in die
Schweiz mitzunehmen, was er auch bereitwillig akzeptierte. Ich konnte meinen Flug zurück in die Schweiz
problemlos umbuchen. Bei einem Reisebüro erkundigte ich mich nach Ausflügen in der Region von Santa Cruz.
Ich war sofort begeistert von einer geführten Tour mit dem Motor Quad in das Naturschutzgebiet Espejillos,
östlich des Amboró Nationalparks. Ich buchte diese Tour und werde morgen von den Reiseführern in meinem
Hotel abgeholt. Freitag, 15. Dezember, Santa Cruz Wie gestern im Reisebüro vereinbart, traf ich heute Morgen bei schönem Wetter die beiden Reiseführer
Jorge und seinen Vater Manuel. Wir fuhren zu ihnen nach Hause und machten die beiden Motor Quads
reisefertig. Ausserhalb der Stadt in offenem Gelände zeigte mir Jorge, wie man dieses Gefährt bedient.
Die Fahrt nach Westen führte direkt durch den breiten Rio Piray, was schon ziemlich nervenaufreibend
war. Durchquerung des Rio Piray Danach vorbei an einfachen Hütten auf Stelzen, Bananen- und Mangoplantagen und später in die kleine Ortschaft
Porongo. Die Gemeinde wird wegen des nahegelegenen Naturschutzgebiets Espejillos auch gerne von Touristen besucht. Porongo, mit Jorge und Manuel Weiter geht es auf einer Lehmpiste durch hügeliges Gelände und dichten tropischen Urwald. Wir erreichen die
kleine Ortschaft La Guardia, wo wir uns in einem Restaurant stärken. Später, beim Abzweig ins Naturreservat,
gelangen wir wieder auf eine schmierige und steil angelegte Lehmpiste, die stellenweise für normale
Allradfahrzeuge kaum zu bewältigen ist. Irgendwann endet die Strasse und man erreicht die Wasserfälle nur zu Fuss. Jetzt kann ich endlich diesen
wunderschönen dichten Wald mit unzähligen verschiedenen Pflanzen aus der Nähe betrachten. Die Wasserfälle,
die mitten im dichten Urwald folgen, machen diesen Ort zu einem kleinen Paradies. Zwischen den Wasserfällen
fliesst das klare Wasser über flache Felsen, wo mancherorts runde Pools entstanden sind, die zum Baden einladen.
Leider fehlte mir die Zeit, mich näher mit den Pflanzen zu befassen. Im Naturschutzgebiet Espejillos Spinne, unbekannt Naturschutzgebiet Espejillos, 500 m, Dep. Santa Cruz, Provinz Andrés Ibáñez, Bolivien Wir fahren deshalb auf einer schnelleren und besseren Strasse zurück nach Santa Cruz und ich bedanke mich
bei Jorge und Manuel für diesen eindrucksvollen und schönen Tag. Samstag, 16. Dezember, Santa Cruz Heute ist mein letzter Tag und ich beabsichtige, einige Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Ich fahre mit dem Taxi
in den Botanischen Garten, aber leider ist dieser wegen Umbauten nur teilweise zugänglich und das Wenige,
das man zu sehen bekam, war enttäuschend. Deshalb verbrachte ich den Rest des Tages in der Innenstadt, in
den schönen Parkanlagen oder auf verschiedenen Märkten. Im Zentrum von Santa Cruz Sonntag, 17. Dezember, Santa Cruz Mein Flug mit der Fluggesellschaft Varig nach São Paulo war erst am Nachmittag, daher hatte ich genügend Zeit,
um gemütlich zu frühstücken. Die wenigen übriggebliebenen vakuumverpackten Lebensmittel gab ich einer bedürftigen
Frau mit zwei Kindern, die vor dem Hotel sassen. Mit einem Microbus fuhr ich rechtzeitig zum Flughafen, da die
Abfertigung hier in Bolivien meistens ewig dauert. Der Flug war pünktlich und wir erreichten nach zweieinhalb
Stunden São Paulo. Erst um Mitternacht hob ich mit einer Boeing 767-100 wieder in die Luft in Richtung Mailand
ab und landete dort nach elf Stunden. Wieder hiess es warten auf den Flug mit der Swissair nach Zürich. Doch als
ich Dora am Flughafen Kloten umarmen konnte, war ich überglücklich, wieder gesund zu Hause angekommen zu sein. |